Freedom Sounds Festival Köln

Grunddaten

Festivalname: Freedom Sounds Festival

Art: Indoor

Monat des Interviews: Februar 2017

Interviewpartner: Peter

Ort/Stadt: Köln

Webadresse: www.freedomsoundsfestival.de

Anzahl Festivaltage: 2

Anzahl der Besucher: ca. 450

Eintritt: Kombiticket: 39 €/Tagesticket: 25 € (ermäßigt für Schüler/Studenten/Azubis)

Camping: nope

Anzahl bisheriger Festivals: 4

Datum erstes Festival: 17.03.2013

Musikstile: Ska, Rocksteady, Reggae, Soul und alles was dazu passt

 

Anzahl Bands: ca. 20

Inhalt I / Entstehungsgeschichte

 

Wie seid Ihr auf den Festivalnamen gekommen?

Er war das Ergebnis langer Diskussionen mit vielen Freunden. Wir wollten einen Namen, der Aussagekraft hat im Hinblick auf das, was wir mit dem Festival erreichen wollen.

„Freedom Sounds“ bezieht sich einerseits darauf, welche politische Kraft Ska und Reggae entfalten können. Ska war der Soundtrack der jamaikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Roots Reggae in den 70er Jahren war wichtig für die Entwicklung eines eigenständigen Verständnisses von jamaikanischer Kultur. Die englischen 2-Tone Bands haben mit ihrer Interpretation von Ska gegen Rassismus gekämpft. Diese Botschaft von Freiheit, von Gleichberechtigung und ganz allgemein vom Kampf gegen Ungerechtigkeit ist zeitlos und universell. Sie wird heute nicht nur in Jamaika oder Europa gehört, sondern in Asien, in Afrika und in Südamerika. Und gerade in Zeiten wie diesen, in denen Nationalismus, Intoleranz und Ausgrenzung auch bei uns wieder salonfähig zu werden scheinen, sind Freedom Sounds wichtiger denn je.

Zweitens ist „Freedom Sounds“ von den Skatalites einfach ein gnadenlos gutes Ska-Stück. Und drittens drückt der Titel aus, dass wir uns beim Programm musikalisch nicht einengen wollen.

Ich persönlich bin ein Fan von Festivals, die nicht nur einen Musikstil bedienen, aber trotzdem hast du das Gefühl, dass die Acts, die du auf der Bühne erlebst, etwas verbindet, auch wenn vielleicht auf den ersten Blick gar nicht so offensichtlich ist, was genau das ist.

 

Was hat Euch geritten, ein solches Festival auf die Beine zu stellen?

Liebe zur Musik, Trotz und Ausdauer. Vor fünf, sechs Jahren war die Ska-Szene in Köln in einer seltsamen Schieflage. Es gab zwar eine ganze Reihe guter Bands, aber kaum Publikum bei den Konzerten und vor allem kein Festival. Wir haben im Sommer 2012 dann zunächst einen monatlichen Newsletter aufgelegt, der über interessante Konzerte, Allniter und andere szenerelevante News informiert. Dann haben wir einige lokale Konzertveranstalter angesprochen und ihnen unsere Unterstützung angeboten, wenn sie ein Festival organisieren. Nachdem uns jeder einzelne abgesagt hatte, „weil man mit Ska kein Geld verdienen kann“, haben wir uns gesagt: „Dann versuchen wir es eben selbst!“

Der Newsletter hat inzwischen übrigens knapp 800 Abonnenten. Wer ihn bekommen möchte, kann sich hier registrieren: 

Was ist die Festival-Philosophie? Das bestmögliche Festival zu machen, das wir selbst gerne besuchen wollen. Es geht dabei nur um die Musik. Von Anfang an war klar, dass wir kein Geld mit dem Festival verdienen wollen, sondern das ein reines Spaßprojekt wird.

 

Wie sieht das Zielklientel aus? Unser Publikum ist – ähnlich wie das musikalische Programm - sehr bunt gemischt und lässt sich nicht in Schubladen stecken. Und das ist gut so. Das Gros kommt sicher aus der Region, aber viele reisen auch aus dem weiteren europäischen Ausland an. Jedes Mal ist es ein bisschen wie ein Klassentreffen: Menschen, die sich sonst das ganze Jahr nicht sehen, treffen sich wieder, feiern und tanzen zusammen.

 

Wie viele Leute arbeiten bei euch mit? Wie viele davon ehrenamtlich? Die Hauptarbeit machen Sven, Uli und ich. Wir haben dazu einen gemeinnützigen Verein gegründet, in dem 11 Mitglieder sind. Dazu kommen noch etwa 8-10 Leute, die uns beim Festival selbst unterstützen, zum Teil Mitglieder von Kölner Ska-Bands, so dass die Veranstaltung aus der Szene für die Szene kommt. Alle Helfer arbeiten ehrenamtlich.

 

Was hat sich im Laufe der Zeit geändert? Nicht viel. Das Festival ist größer geworden. Im ersten Jahr war es nur ein Tag, seit dem zweiten Jahr sind es zwei Tage. Insgesamt wachsen Bekanntheitsgrad und Akzeptanz stetig. Das macht vieles einfacher, denn obwohl wir eine relativ kleine Veranstaltung sind, wollen selbst prominente Acts hier gerne spielen. 

 

Was waren die bisherigen Topacts? Was ist der kommende Wunschtopact? Einzelne Acts als „Topacts“ herauszuheben, wäre ungerecht und auch zu subjektiv. Mir persönlich bereitet es immer eine diebische Freude, wenn wir jemanden holen können, den kaum einer kennt und der noch nie in Deutschland zu sehen war und der dann die Leute so richtig wegbläst. In dieser Kategorie fallen mir einige ein, z.B. die Goldmaster Allstars, Stone Foundation, The Dualers oder natürlich das Western Standard Time Ska Orchestra. Wünsche haben wir noch einige. Ein oder zwei davon sind schon für 2018 vorgemerkt. ;)

Inhalt II

 

Welche Bedeutung spielt Ska- und Reggae-Musik bei eurem Festival? Darum geht’s.

 

Was unterscheidet Euer Festival von allen anderen? Das fragst du am besten unsere Besucher.

 

Habt Ihr schon einmal überlegt, alles hinzuschmeißen? No No No.

 

Wo liegen die Grenzen des Festivals? Was würdet Ihr nicht machen? Bei der Besucherzahl setzt uns die Größe des Gebäude 9s eine natürliche Grenze, die wir bei den letzten Malen auch erreicht haben. Trotzdem käme ein Umzug in einen anderen Laden nicht in Frage, denn für uns ist das der beste Club der Welt, weil er von völlig entspannten, freundlichen und dabei absolut kompetenten Leuten betrieben wird. 

 

Gibt es ein besonders verrücktes/lustiges Erlebnis, was Ihr uns erzählen wollt? Die meisten verrückten Erlebnisse würden die Privatsphäre der Beteiligten verletzen. Positiv verrückt sind auf jeden Fall die alljährlichen Auftritte von Mick Clare, der ja eigentlich nie wieder auftreten wollte und jetzt schon zum vierten Mal kommt. Der Chor, der da jedes Mal im Publikum einsetzt…. Gänsehaut!

 

Was war die verrückteste Forderung eines Künstlers? Einer der Vorzüge davon, ein Ska-Festival zu organisieren, ist es, dass du fast ausschließlich mit Künstlern zu tun hast, die sich selbst vernünftig einschätzen und die uns als Veranstalter und euch als Publikum mit viel Respekt begegnen. Deswegen gibt es da keine großen Star-Allüren. Wenn wir das Gefühl hätten, das könnte bei jemandem der Fall sein, würden wir ihn oder sie nicht einladen.

 

Mit welchen Sponsoren arbeitet Ihr zusammen? Vor allem werden wir vom Kulturamt der Stadt Köln und der RheinEnergie Stiftung Kultur unterstützt, ohne die so eine aufwändige Veranstaltung in so einem intimen Rahmen nicht möglich wäre. Dazu kommen noch Lonsdale, die uns vor allem bei den Festival T-Shirts unter die Arme greifen, und ein, zwei lokale Firmen, die unsere Vereinsarbeit durch Spenden unterstützen.

 

Die Sponsoren ziehen sich zunehmend aus der Unterstützung der Festivals heraus. Stimmt das? Welche Erfahrungen habt Ihr? Welche Konsequenz hat Eure Erfahrung? Unsere Erfahrung ist, dass man Vertrauen aufbauen muss. Unsere Unterstützer wissen, was wir leisten und wofür die Veranstaltung steht.

Neben dem Festival helfen wir als Verein auch anderen Veranstaltungen in der Region, zum Beispiel, indem wir sie mit bewerben. Besonders schön ist, dass wir über das Festival schon einige Male Kölner Bands mit international renommierten Künstlern zusammen bringen konnten, z.B. Masons Arms mit Greg Lee, Mick Clare und Jesse Wagner. Oder The Clerks mit Tommy Tornado, Mr. T-Bone und zuletzt Arthur Kay. Diese Arbeit wird gerade vom Kulturamt sehr gewürdigt.

 

Eines der größten Probleme von Festivalmachern sind die Anwohner. Wie geht Ihr damit um?

Da haben wir glücklicherweise keine Probleme, weil es keine gibt.

 

Viele Festivalmacher geben relativ schnell auf, wenn sie merken und sehen, wie viel Arbeit so ein Festival machen kann. Was ist Euer Erfolgsrezept? Wir alle machen das ausschließlich, weil wir Spaß daran haben. Dadurch, dass wir gemeinnützig sind und niemand etwas verdient, kann man sich nicht um Geld streiten. Das hilft wahrscheinlich.

 

Was würdet Ihr einem neuen Festivalmacher empfehlen, wie er an die Sache herangehen sollte? Worauf muss er/sie achten? Enthusiasmus, Optimismus, Ausdauer und ein dickes Fell.

 

Wie fühlt man sich eigentlich, wenn Monate an Vorbereitung beendet und die 2 Tage Festival vorbei sind? Euphorisiert, stolz und ein bisschen leer.

Quelle: DerDUDE Goes SKA Quelle: DerDUDE Goes SKA

Inhalt II / Allgemeines und Ausblick

 

Wohin entwickeln sich zukünftig die Festivals? Immer größer? Immer mehr? Umsonst & Draußen oder Tickets? Usw. Wie sieht ein Festival im Jahre 2020 oder 2025 aus? Schwer zu sagen. Ein Trend, der aus England kommt, sind Festivals, die einen ganzheitlichen Ansatz haben, so wie Glastonbury oder Boomtown. Da genügt es nicht, zwei Bühnen auf eine Wiese zu bauen und einen Zaun drum herum zu ziehen, sondern es gibt ein Konzept, eine Story, es werden politische, soziale oder ökologische Ziele formuliert, Workshops angeboten. Das spricht den Hippie in mir an. Ob sich das hierzulande durchsetzt, weiß ich allerdings nicht.

 

Es sind zwei Trends zu beobachten. a) reine Genre-Festivals und b) große Mischungen vieler Musikstile. Wie seht Ihr die Entwicklung, den Trend? Attraktiver finde ich eine gewisse musikalische Vielfalt, die aber nicht beliebig werden darf.

 

Wohin entwickelt sich Euer behandelter Musikstil? Darüber könnte man sich lange unterhalten und streiten. Vielleicht so viel: Es ist wichtig, dass man sich auf die musikalische Vergangenheit bezieht, aber es nicht dabei belässt, diese nur imitieren zu wollen. Es gibt im Ska-, aber auch Reggaebereich gewisse Verharrungstendenzen. Andererseits gibt es vielleicht mehr gute und spannende Bands als je zuvor. Die versuchen wir einzuladen und zu fördern.

 

Welche anderen Festivals würdet Ihr den Lesern empfehlen?

In Deutschland gibt es glücklicherweise eine Reihe von tollen Ska-Festivals: Riverside Stomp in Mainz, This is Ska oder die Ruhrpott Ska Explosion. International auf jeden Fall das Boomtown Festival in England, das London International Ska Festival hat meist ein sehr gutes Line-up. Das Sierra Nevada Music Festival in Kalifornien würde ich gerne mal besuchen.

 

Was gibt es Neues auf dem kommenden Festival? Was sind die mittel- und langfristigen Ziele?

Neu ist, dass wir einen ermäßigten Eintrittspreis für Schüler/Studenten/Azubis eingeführt haben, weil wir noch mehr jüngere Menschen an die Musik heranführen wollen. Das wird auch schon sehr gut angenommen.

Vor allem werden wir dieses Jahr die politische Botschaft des Freedom Sounds Festivals (s.o.) noch stärker betonen. Wie das genau aussehen wird, werden wir in Kürze bekannt geben. Jedenfalls freuen wir uns auch deswegen besonders, mit The Beat feat. Ranking Roger einen Headliner dabei zu haben, der sich schon Ende der 70er bei Rock Against Racism engagiert hat.

 

Sagt doch, was Ihr wollt! Danke an alle, die unsere verrückte Idee in den letzten fünf Jahren unterstützt haben und das Festival zu dem gemacht haben, was es ist. Wir freuen uns schon, euch alle am 21. und 22. April 2017 wiederzusehen!