Gig-Kritiken 2003

Les Babacools Les Babacools

Les Babacools / Skunk Allstars (Hanfparade in Berlin am 23.8.2003)

Es gibt natürlich tausende Gründe, um sich mal wieder in der Hauptstadt zu tummeln. Diesmal waren es musikalische Ambitionen, die einen Besuch der alten Mauerstadt ansagten: U.a. Les Babacools und Skunk Allstars gaben sich die Ehre, die Hanfparade auch soundtechnisch zu einer aussergewöhnlichen Veranstaltung werden zu lassen. Auf der großen 70qm-Hauptbühne gegenüber der alten Gedächtniskirche am Kudamm, galt es sich zu bewähren.

Wie immer bei solchen Großveranstaltungen muss man einfach Priotitäten setzen, so dass die zahlreichen anderen Bands, wie z.B. Schwarz auf Weiss oder die Künstler auf den Nebenbühnen etwas zu kurz kommen. Es war schlichtweg keine Zeit, sich alles anzuhören und anzusehen. Nur soviel zur Hanfparade: Nach der größeren Demonstration, die etwas im Nieselregen unterging, trafen sich alle Teilnehmer am und um den Breitscheidplatz, um ein großes Strassenfest zu beginnen. Letztlich waren es nach offiziellen Angaben 20.000 Teilnehmer.

Um 18.10 Uhr, leicht verspätet, traten also die Les Babacools aus München auf, womit sie ihre sagenhafte dreieinhalb (!!) Monate lange "Ya Basta Tour 2003" durch Deutschland und Österreich beendeten. Im Mai 2003 sahe ich sie bereits im kleinen Underground, wo sie bereits eine beeindruckende Show ablieferten. Nun also auf der großen Showbühne der Berliner Hanfparade. Und sie bestätigten mal wieder ihr Können aus den unterschiedlichen Musikstilen, mit spanischem und englischem Gesang, eine Art südamerikanisches Strassenfest zu zelebrieren und in die Herzen des (meist jungen) Publikums zu spielen. Neun kraftvolle Musiker, denen man nur wenig den Tourstress der letzten Monate anmerkte (kleine Auswechselungen gab es allerdings). Sambaklänge an der Gedächtniskirche? Man war an die "fete de la music" (ebenfalls in Berlin) erinnert, wo sich die unterschiedlichsten Kulturen auch musikalisch darstellen.
Auch, wenn manch Song nicht die Kraft besaß, wie es am heimischen CD-Player der Fall ist, so liebte es das Publikum, sich den interpretativen Melodien hinzugeben und mit den mal seichteren, mal derberen Klängen mitzugehen. Die Spielverliebtheit, der Crossover und der Mut zu kombinieren macht es - wie für andere mutige Bands auch - nicht leicht einen durchgehenden Tanzstil zu verfolgen. Aber was soll's. Es machte den ca. 400 Leuten sichtlich Freude, sich der Vielfalt zu stellen. So tanzte halt jeder wie er wollte - wenn auch nicht immer im (gleichen) Takt ;-))
Wie die Faust auf's Auge passt diese Stilvielfalt zum Fest an sich, den galt es doch auch die zahlreichen, vorbeigehenden Fußgänger an die Musik zu binden. Vielfalt bindet eben auch eine Vielfalt an Menschen. Und die gab es! Dass die Les Babacools fetentauglich sind, zeigte dann auch einer ihrer reisserischsten Songs "Championsound": Stand up and put your head upfront; jump up and let the world go round; we are jammin' we are rockin'; on a championsound", so der Refrain; und mit kräftigen Bässen und lauten Gitarren der Garant, dass die Leute auf ihrer Seite standen. Da bleibt einem dann die Sprache weg.

Nach dem recht imposanten Auftritt vor den ehrwürdigen Gemäuern auf dem Kudamm, bedarf es dann erst mal etwas Erholung. Ruhe findet man da allerdings bei den zigtausenden Teilnehmern, zahlreichen Infoständen und Nebenbühnen eher weniger. Eine Tatsache, die mich immer etwas an Berlin stört. Man rennt oft ewig, um mal wieder ein ruhigeres Plätzchen zu finden. Nicht überall natürlich, aber hier war es markant.

Wie dem auch sei. Es galt ja noch dem zweiten musikalischen Hauptact des Tages entgegen zu fiebern.
Um 20.50 Uhr war es dann soweit. Die Skunk Allstars, oftmals als die SKA-Punk-Band aus/um Köln betitelt, betraten die Bühne. Die mir nicht ganz unbekannte Crossover-Band, mit ihrer unglaublichen Stilvielfalt (vgl. CD-Kritik), war sicherlich das Highlight des musikalischen Teils dieses Abends. Ein Hauptact, wie er nicht besser sein könnte. Der Platz hatte sich sichtlich zu vorgerückter Stunde gefüllt, so dass weit mehr als 1000 Musikbegeisterte das Treiben der sechs Jungs und einem Mädel verfolgen durften.

Wer nun dachte, dass die Skunk Allstars die Songs ihrer jüngsten CD spielen würden, hatte sich geirrt. Es ist schon ein  Zeugnis für Mut, gleich die neu geschriebenen Songs zum Besten zu geben, mit der Gefahr, dass der Wiedererkennungswert erst mal gering bleibt. Die Taktik ging auf! Denn egal was und wie die Skunk Allstars ihre Songs spielen, der eindringliche Sound spricht die Herzen und das Tanzbein an. Ähnlich wie bei den Les Babacools, bewegt diese Musik sehr viele Vorbeigehende zum stehenbleiben. Die Spannung und das Interesse an dem "Neuen", dem Faszinierenden des spielerischen Umgangs mit Ska-, Punk-, HipHop-Elementen u.v.m. macht einfach Laune. Und wer flexibel war, fand zu jedem Song seinen Tanzschritt bis hin zum Pogo.

Und dann kamen sie doch noch, die "alten" Songs der letzten Scheibe. Manch einen sah man dann recht textsicher im Publikum mitsingen. Entweder ein Zeichen dafür, dass die eingefleischten Skunk Allstars-Fans ihren Lieblingen weit hinterherreisten oder die Klänge der Band die Spree bereits zuvor aufgewühlt hatten. Beides traf wohl zu. Jedenfalls schafften es die Skunk Allstars zunehmend die Massen in Bewegung zu bringen und auch den letzten Zweifler zum Wippen zu bewegen. Eine Party, die sicherlich zu vielen neuen Skunk Allstars-Fans geführt hat.

In jeder Hinsicht sicherlich ein gelungener Abschluß der Hanfparade, mit einer tollen, z.T. noch jungen Band, die ihren Weg noch machen wird. Auch mit der Bühnenshow scheint es zunehmend besser zu klappen. Ein wenig lernen müssen sie immer noch. Ob der spektakuläre Abgang des Sängers, der am Ende die Bühne nur mit erheblich fremden Einflüssen verlassen wollte, zur Show gehört, seie jetzt erstmal dahingestellt.
Aufhören wollte jedenfalls keiner, weder die Band noch das dankbare, begeisterte Publikum.

Dem Veranstalter seie ebenfalls noch ein großes Lob ausgesprochen! Perfekt!

DerDUDE