Offbeat mal anders: Church goes Ska and Ska goes beer am 7. und 8. September 2018

Die beiden norddeutschen Ska-Urgesteine Sheeps Eband (mit 40 Jahren Deutschlands älteste Skaband) und die Kieler Plastic Skanksters sollten am gleichen Wochenende an ungewöhnlichen Orten dem Offbeat fröhnen.

 

Los ging es Freitag um 20.00 Uhr in der Sozialkirche eines Kieler „Brennpunktstadtteils“. Diese Kirche bietet Hilfe für die Opfer des Neoliberalismus in Form von z.B. Sozialberatung und Lebensmitteln (Tafel). Nachdem die zahlreichen Godfathers of Ska und Highpriests of Reggae ja leider nun fast alle das Zeitliche gesegnet haben war es wohl an der Zeit, sich auf die Suche nach neuem göttlichem Beistand zu begeben.

 

Ich reiste standesgemäß mit dem Bus aus der Stadtmitte an und das nötige Umsteigen gab mir die Gelegenheit am Hauptbahnhof in bester Gesellschaft eine schöne Hülse zu leeren, verursachte aber auch, dass ich nicht ganz pünktlich beim Gottesdienst erschien.

 

Das kostenfreie Konzert fand im Cafe der Kirche statt, als ich eintraf verteilten sich etwa 40-50 Personen im Publikum überwiegend auf die Sitzgelegenheiten, einige standen und tanzten auch. Der erste komplette Song der mir zu Ohren kam war das Toasters-Cover I am running right through the world. Hierbei zeigte sich auch, dass der eine oder andere Unkenruf gegen die Plastic Skanksters unberechtigt ist. Wenn man (wie ich z.B.) neben Trad. Ska und 2 Tone auch die Dritte Welle mag, ist man qualitativ bei den Skanksters mitnichten unterdurchschnittlich unterwegs.

 

Die Toasters wurden stark interpretiert, später auch noch die Busters (Undercover) und Prince Buster (Madness). Wenn man ausschließlich oldschoolige Klänge mag ist man natürlich bei den Plastic Skanksters verkehrt. Bei Mr. Review oder den Toasters aber auch. Für mich gilt daher weiterhin: All colours of Ska are beautiful (außer Folk-Ska, Querflöten Ska, vieles an Ska- Punk, Hardcore-Ska, Hip Hop Ska [außer Maroon Town], Nazi-Ska [den es ja angeblich auch geben soll] und der Bärenanteil des Latino Ska). Irgendwann dann eine Pause. Na gut , warum auch nicht. Immer locker. Da Rauchen bei mir voll out ist holte ich mir ein Bier und eine Bulette nebst Weißbrot vom Kirchenkiosk. Umsonst Erdnüsse gab es übrigens auch – starker Service, da könnte man ja glatt ins Schwanken kommen, ob es nicht doch einen (oder mehrere) Gött(er) oder GöttInnen gibt? Eine ältere Besucherin beklagte sich nun bei mir, dass ihr Tabak geklaut wurde, und dass es sich dabei sehr wohl um ein Verbrechen handelte, was ich keine Sekunde anzweifelte. Ich war beruhigt zu hören, dass ihr Sohn Rechtsanwalt ist und sich der Sache annehmen würde.

Nach der Pause gönnte ich mir noch ein paar Stücke der Skanksters im Sitzen und zog anschließend im Bus ein positives Fazit des Konzerts. Schade war nur das Jesus is my friend von Sonseed  nicht gecovert wurde.

Foto: Joachim Ladwig

Frei nach dem Motto „Immer in die Kneipe, nie in die Kirche“ sollte es am nächsten Tag, dem Samstag weitergehen mit der „Ska an ungewöhnlichen Orten“-Minitour. Dieses mal ging es aufs Dorf, genauer gesagt nach Taarstedt, zum Sommerfest der Angeliter Bierbrauerei. Bisher hatte ich von dieser Brauerei noch gar nichts gehört, in Kiel gibt es das handwerklich gebraute Getränk bisher leider auch noch nicht käuflich zu erwerben. 

 

Umso erfreuter war ich als ich vor ca. einem Monat entdeckte, dass u.a. die Sheeps E-Band und die grandiosen The Movement from Denmark bei diesem Festival aufspielen sollten. Und das zu christlicher Stunde, nämlich nachmittags und am frühen Abend was einen Familienausflug mit gutem Soundtrack ermöglichte und meiner Tochter endlich ihr erstes Ska-Liveerlebnis bescheren sollte.

 

Die Autofahrt in die unmittelbare Nähe von Schleswig bescherte dann Aqua Planing doch den Ort des Geschehens erreichten wir kurz vor halb Vier bei bestem Wetter. Hach, ich werde ja immer so ein bisschen nostalgisch, wenn ich ion Dörp bin und gerade hier in Taarstedt sollten wir nicht enttäuscht werden.

Samstagnachmittag um vier gibt es jedenfalls weit Schlechteres als mit gar köstlichem Angeliter Bier vom Fass und den beiden witzigen und geliebten Töchterchen und der Freundin zur Sheeps E Band zu schunkeln.

Und das im einem sehr gemütlichem Kreise, einer Mischung aus Dorf und Subkultur. Große Bühne, Bratwurst, Pizza und Burgerstand, große Sandkiste, Tischtennisplatte, betrunkene Altpunks und dreijährige Bobby-Carfahrer torkelten friedlich herum und ich hab ein neues Lieblingsbier.

 

Die Sheeps E Band fand ich auch gut, es machte viel Spaß, ab und an störten mich allerdings zu viel Stromgitarre oder Ausflüge in andere Musikrichtungen (z.B. Buono Sera). Am besten gefiel mir der Chicken Ska und Spending money for naked women to get them dressed. Nach einem langen Set von knapp 90 Minuten ging es in die Umbaupause und danach sollten sie tatsächlich auf den Bretten stehen: The legendary Lukas Sherfey and his Movement!

Für uns war erstmal Abendbrot angesagt, es gab eine schöne Mischung von allen Ständen, da war doch bestimmt auch was Gesundes dabei, z.B. Pizza und Bratwurst.

 

Gegen halb Sechs war es dann so weit: Vorhin noch korrekt als Kopenhagener, nun als Stockholmer angekündigt kam die geballte Power in Anzügen um das Dorf zu rocken. Das Dorf ist eben doch nicht rückständig, Herr Marx.

Amüsant übrigens auch die Erklärung des Ansagers, dass The Movement heute nur in Deutschland auftreten weil besagter Herr Marx Geburtstag hat.

Ich wusste gar nicht, dass das Katholiken sind, die Dänen? Jedenfalls ballerten sie los wie man sie kennt, ein Hit jagte den nächsten und alles wurde doppelt so schnell gespielt wie auf Platte. Der Drummer und der hochgradig mit Energie geladene Basser waren hierbei so alt als könnten sie Lukas Sherfeys Söhne sein.

So und jetzt mach ich etwas namedropping bezüglich der Hits: A little rain, revolutionairy smpathies, control your temper, I'm losing you, Fools like you, new products, zum Abschluss mein Lieblingssong „Waiting“ und als Zugabe mein zweiter Lieblingssong „Turn away your faces“.

 

Prima Auftritt! Schnell noch paar Pommes, die ja auch Gemüse sind und dann vom Acker gemacht, damit das liebe Kind inne Heia kann. Hierbei noch den Klängen der Folkpunk Band The Wakes im Hintergrund gelauscht. Die Hauptband des Abends sollte zwei Stunden später Extrabreit sein, da befanden wir uns schon im Reich der Träume und konnten auf einen tollen Tag bei einem super Festival zurückblicken. Irgendwann guck ich mir Extrabreit vielleicht auch mal an, Gelegenheit dazu gibt’s ja jedes Jahr auf der Kieler Woche.

Und demnächst geht’s dann wohl mal nach Flintbek, der naheste Ort an Kiel wo es Angeliter zu kaufen gibt. Prost & Amen!

Hajo D. Pann

SKA im PARK FESTIVAL in Boizenburg am (13.) und 14. Juli 2018

Quelle: https://www.facebook.com/SKAIMPARK

Nach dem für mich absolut brillanten Ska-Festival in Berlin im tiefsten Winter wollte ich nun auf jeden Fall auch im Sommer noch ein wenig Outdoor-Ska- Festivalluft schnuppern.

 

Rosslau oder Mainz waren zeitlich leider nicht drin, aber in gar nicht großer Ferne, unweit von Hamburg in einem relativ neuen aber durchaus schönem Bundesland namens Mecklenburg Vorpommern fand ein kleines DIY-Festival in einer 10.000 Einwohnerstadt mit dem einladendem Namen BOI!zenburg statt.

 

Dieses gab es vor einem Jahrzehnt öfters und nun sollte es aus Ruinen auferstehen und das hörte sich doch sehr gut an. Auf nach Boizenburg also, da keiner den ich kenne hinkonnte oder wollte, eben alleine, wie Lucky Luke.

In Hamburg beim Umsteigen kombinierte ich ob der Kleidung, Perücken und des Alkoholpegels diverser Reisender, dass wohl heute der Schlagermove in der Hansestadt auf dem Programm stand. Das weckte doch gleich mal Erinnerungen ans Loikaemie-Konzert in Hamburg zeitgleich mit dem Schlagermove im Jahre 2001 oder -2, an eine denkwürdige Zug-Rückfahrt nach Kiel und eine nicht minder unterhaltsame Gerichtsverhandlung in Elmshorn. Nachzulesen im Rinne Pann 1 oder 2, wer es genau wissen möchte.

 

Eingetroffen am Boizenburger Bahnhof traf ich auf eine osteuropäische Großfamilie und zwei Rentner aus Ludwigslust. Letztere pikierten sich gerade darüber, dass der nächste Bus ins Stadtinnere (der Bahnhof liegt 2,5 KM auswärts) erst wieder in 4 Stunden fahren sollte. Eigentlich Fußmärschen nicht abgeneigt schlug ich den Ruheständlern vor, ein Taxi in die Stadt zu teilen, um Kräfte für den Abend zu sparen.

 

In der sehr schönen und ziemlich menschenleeren Innenstadt stellte ich fest, dass mein Hotel erst ab 15 Uhr besetzt ist. Wenn man gegen die neoliberale Allzeitverfügbar-Welt ist, muss man da auch durch, wenn mal jemand nicht mitmacht, dessen Dienste man gerne um 13.50 Uhr in Anspruch nehmen würde. Glücklicherweise fand ich eine exzellente öffentliche Toilette und einen Penny Markt.

 

Nach einer Ruhepause im Hotel konnte es dann losgehen, bis dato hatte außer einem Plakat im Schaukasten der Stadt gleich neben einer Einladung zu irgendeiner Veranstaltung mit Polizisten und Senioren, nichts auf das Festival hingedeutet.

 

Gegen 18.30 Uhr dachte ich, würde es anders sein. Doch die Straßen waren weiterhin ziemlich leer, neben zwei dunklen Gesellen, von denen einer eine Thor Steiner Jacke trug, begegnete ich kaum Menschen auf meinem Weg Richtung Hafen. Auch süße jamaikanisch-inspirierte Klänge, denen ich blind gefolgt wäre, konnte ich nicht vernehmen.

Merkwürdig, damit hatte ich nicht gerechnet, zumal das Festival auch am gestrigen Freitag schon lief und am heutigen Samstag eigentlich schon Rahmenprogramm seit 14 Uhr im Gange war.

Mark Foggo Quelle: https://www.facebook.com/SKAIMPARK

Ich war drauf und dran über mein hippes Smartphone ein sofortiges Rückfahrticket in die ehemalige BBZ zu buchen als meine müden Augen drei Typen mit Skateboard und NOFX-Shirts erblickten. Einen ganzen Storch mit Sauce würde ich verspeisen, wenn die nicht zum Festival wollten. Als norddeutscher Sozialphobiker sprach ich sie natürlich nicht an, folgte ihnen aber unauffällig. Ich hatte den richtigen Riecher und kam genau pünktlich zu den ersten Klängen von DAS KARTELL. Auch wegen dieser Lübecker/Schweriner Band war ich gerne angereist, war es doch die allererste Ska-Band, die ich je live gesehen hatte, gar nicht mal so lang her, 1997 oder '98 auf dem Lübecker Stadtfest. Auch damals hatte ich mich mit der Doitschen Bahn auf den Weg gemacht, angefixt von Mr. Review im ARD Krimi. Wie hieß der noch? Mit den Faschos und dem Gastaufritt der Holländer? Jedenfalls für mich love at first sight und immer wieder die VHS-Kassette zurückgespult um die ca 45 Sekunden „Prejudice“ zu hören. Eine noch größere musikalische Liebe als Punk & Oi war plötzlich da, goil.

 

Ja also, bevor ich zu stark abschweife: Back to Boizenburg. Das Kartell hatte in den letzten 20 Jahren wohl Besetzungswechsel hinter sich, klang in meinen Ohren aber nach wie vor sehr gut. Mitträllern konnte ich leider nicht, da ich mich NOCH nicht im Besitz eines Tonträgers befinde, aber mitwippen war schon mal drin. Das Festival an sich war kleiner als ich dachte und die Band stand in einer ehemaligen Scheune auf der Bühne. Die Besucher machten einen sympathischen Eindruck und der Großteil schien auch durchaus zu wissen, welche Musikrichtung hier im Mittelpunkt stand. Das Kartell gefiel mir echt gut, Dritte Welle Ska mit deutschen Texten, den man sich problemlos geben kann. Ne neue Platte soll es auch geben, hörte ich. Da werde ich doch mal schauen, ob noch Platz in den vollen Regalen ist. Ich hör ja am liebsten CDs, das ist wirklich cool underground, da ist man verhasst bei der hippen Vintage-Vinylfraktion („Wo ist denn da das Knistern bei so einem Blechteil??“ (erschrocker Aufschrei)) und der MP3 Fraktion (Was ist eine CD?? *stumpf guck*). Nobody likes CDs, I don't care.

 

Das Kartell spielte auch länger als die angesetzten 60 Minuten, glaube ich. Mir war es recht. Danach wurde das Festival, das obendrein KEINEN EINTRITT kostete, finanziell am Bier- und Fressstand unterstützt. Und dann war es so weit: MARK FOGGO and The Skasters! Der Mr. Bean des Ska! Er war leibhaftig da! War auch schon über eine Dekade her, dass ich diesen Sympathen live gesehen und gehört hatte. Ein bisschen quadratischer war er seit damals geworden, aber an Energie und Spaß an der Musik hatte er definitiv nichts eingebüßt. Das zeigte sich sowohl an den Hits wie „Fat Girl“, "Haircut“ oder „Ska#d for life“. Es zeigte sich aber auch am Umgang mit technischen Pannen. Viermal musste sein Set wegen technical difficulties abgebrochen werden. Großteils zu Beginn seines Auftritts, zweimal bei „Weirdos“. Foggo nahm dies aber genauso mit Gelassenheit und Humor wie das Publikum und das natürlich auch völlig zu Recht. Mmaximum respect an die „Ska im Park“-Crew für dieses großartige DIY-Festival in einer Kleinstadt. Big Up, echt eine starke Leistung und ein Top-Festival. Foggos Auftritt später dann auch ohne Unterbrechungen, auch länger als geplant und absolut dufte, Skanken war das Motto der Stunde. Statt wie geplant um 10, ging der Meister erst um halb Zwölf von der Bühne.

 

Sofort fanden sich eine die Dame und der Herr von den COURETTES zum Soundcheck ein und gegen 12 legten sie mit ihrem Garage-Sound los. Sehr gut aber nicht ganz meine Welt, so dass ich mich nach ein paar Songs auf den Heimweg machte, um den Schlaf der Gerechten zu schlafen.

 

Am nächsten Tag ging es dann nach einem Frühstück auch zu Fuß zurück zum Bahnhof. Liebe “Ska im Park-Crew” - do it again, tolles Festival!

Autor: Hajo D. Pann

Freedom Sounds 2018 (Köln, Gebäude 9)

Wie jedes Jahr wurde auch ein Augenmerk auf Menschen mit körperlichen Einschränkungen und jungen Ska-People gelegt (siehe Foto – nein, junge Leute gucken nicht immer nur auf ihr Handy ;-)). Und gerade die gingen richtig ab - gelebte Vielfalt und effektive Nachwuchsförderung! 

 

Neben perfekter Sound- und Lichtabmischung gab es die zahlreichen Aussteller und Leute an den Essensständen, die auch für das leibliche Wohl gesorgt haben. Nicht verheimlichen möchte ich meinen Favoriten, John Sims, der nun mal, zumindest bildlich (u.a. Madness-, The Selecter-, The Specials- und Fun Boy Three-Cover der 2-Tone Endsiebziger), meine Jugend stark geprägt hat und die Ska-Szene mit schwarz-weissen Dancern und Karos seit über 40 Jahren beglückt. 

Zum nächtlichen Schluss war alles ausverkauft: Die Karten, die T-Shirts, das Buffet, die Aufkleber, die Festivalhefte, Autogrammstifte und 2-Tone-Bierdeckel und auch ein wenig unser Power, den wir sehr gerne zwei Tage eingesetzt haben. Bis zum nächsten Jahr, liebe Ska-People. Dann wohl in neuer Location, aber sicherlich nicht weniger genial, wenn sich wieder die feine, kleine Skagemeinde trifft! Keep on skankin‘, Ska-People!