Konzert: The Specials 7.11.2019 in der Tonhalle München by Torsten Bröder

Das beste Konzert dieses Jahres.

 

Pünktlich begannen die Münchner Lokalmatadore „Bluekilla“ und schon hier war ich überrascht. Ich muss bekennen, dass ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte, was in meinem löchrigen Hirn aber übrig war, entspricht eher einem: “Klar, ganz gut. Aber eben deutsch, zu deutsch und alles so richtig „gute“ Musiker, das ist immer ein kleines bisschen wie „James Last spielt Ska“. Heute Abend ganz anders. Eine hervorragende Live-Performance. Sie haben den „Groove“ und ganz sicher werde ich mir deren nächste Konzerte wieder ansehen.

 

Die Bühne ist liebevoll geschmückt, es sieht aus wie auf einem 80’er Jahre Protestmarsch. Ja, man glaubt es kaum, aber auch ich gehöre zur „Generation X“, wohnte zur Zeit der großen Friedensdemos in Bonn und war, wie alle Jugendlichen zu dieser Zeit, fest der Meinung, dass wir ohnehin keine Zukunft haben, da sicherlich alles in einem atomaren Holocaust enden wird (ja, damals war dieser Begriff noch p.c.). Schön, ein bisschen 80’er feeling kommt tatsächlich auf und ich weiß jetzt wieder, warum ich mir schon in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts die Haare abgeschnitten habe.

 

Dann ... endlich. Das Licht geht aus und eine Sirene ertönt, sehr laut und lange, versetzt alle in diese ganz besondere Stimmung, diese Stimmung, die ich hier gar nicht beschreiben kann, weil sie doch so unglaublich mehr als „ein Kribbeln“ ist. WARNING, WARNING, NUCLEAR ATTACK. Und endlich beginnt der Song. Die wahrscheinlich beste Version von „Man at C&A“, die ich bisher gehört habe. Der erste einer ganzen Reihe gewaltiger Tracks.


Es folgt eine Aufreihung alter Klassiker und neuester Stücke, perfekt aufeinander abgestimmt als hätte ein Produzent dieses Konzert geplant (was wahrscheinlich auch wirklich so war), kein planloses „Was spielen wir denn heute?“.

 

Eine beeindruckende Setliste mit 19 Stücken. Ich erinnere mich an Madness, die in München nach weniger als einer 3/4h die Bühne verließen und nicht wieder kamen. Hier wurden alle Stücke noch ein wenig neu interpretiert und vor allem in die Länge gestreckt, man bekommt etwas für sein Eintrittsgeld.

Mitten im Konzert betritt eine hübsche Dame in noch hübscherem Outfit die Bühne.

Es ist Saffiyah Khan, so mancher wird sie von dem viral gegangenen Bild kennen, in dem sie einen NF-Anhänger nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt süffisant entgegen grinst.

 

Was viele nicht wissen, es gibt diese Bild auch aus einem anderen Blickwinkel heraus und man sieht, dass sie dabei tatsächlich ein „Specials“ T-Shirt trug.

Die Band entdeckte dies, sandte dem nun immer bekannter werdenden Model unverzüglich zwei Freikarten zum nächsten Gig und kam so mit ihr in Tuchfühlung. Kurz und gut wurde sie ins Studio eingeladen und übernahm die Vocals bei den „10 Commandments“. Nur einen Tag zuvor kam sie dazu, den doch etwas antiquierten Text zu aktualisieren (ohne dabei feministisch oder gar allzu „PC“ herüberzukommen) und überraschte die Band mit der hervorragenden Interpretation des alten Prince Buster Klassikers.

SKA Puristen seien an dieser Stelle gewarnt, zumindest in dieser Live Version erinnert das Stück nur noch am Rande an das Original.

 

Auch einige Klassiker wurden im Gegensatz zur Tour 2011 in abgewandelten Versionen gespielt und ich bin eigentlich gar kein Freund davon, aber hier heißt es „Hut ab“, es passte und dank dieser Live-Versionen wurde das eingangs beschriebene Gefühl hervorragend aufrecht erhalten.  Ein echtes Erlebnis, jedem 2tone Fan wärmstens zu empfehlen.
 

Zum guten Abschluss gibt es noch eine wundervolle Version von „You’re Wondering Now“, ebenfalls wieder mit Saffiyah Khan am Mikro.

Ein gelungener Wortwitz: Terri lässt das Publikum singen:  „You’re wondering now what to do‚ cause YOU KNOW IT‘s THE END” und dann verlässt die Band tatsächlich die Bühne, begleitet von den Gesängen der Besucher*innen unter frenetischem Applaus. Verdient.

Gastautor Torsten Gastautor Torsten

Übrigens, wer nicht mit Statements gegen den Brexit, gegen Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit allgemein leben kann, bleibt besser zu Hause.

Saffiyah höchstpersönlich steht am Ausgang bereit, macht Selfies wenn man nett fragt und sammelt dabei in einem großen Eimern Spenden die direkt den Flüchtlingen in UK zu Gute kommen.

 

Text und Bilder Torsten Bröder

 

Playlist:

  1. Man @ C&A
  2. Rat Race
  3. Vote For Me
  4. Friday Night Saturday Morning
  5. Embarassed By You
  6. It Doesn’t Make It AlrightLunatics
  7. Do Nothing
  8. Blam Blam Fever
  9. A Message To You
  10. Stereotypes
  11. Ten Commandments (feat. Saffiyah Khan)
  12. Nite Club
  13. Do The Dog
  14. Concrete Jungle
  15. Monkey Man
  16. GangstersToo Much Too Young
  17. We Sell Hope
  18. Ghost Town
  19. Breaking PointYou’re Wondering Now

 

Hintergrundinfo:

1977 in Coventry, dem „britischen Dresden“. Hier werden legendäre Autos gebaut und auch Flugzeugtriebwerke; dem Grund aus dem unsere Ahnen die Stadt dem Erdboden gleich machten. Thatcherismus und hohe Arbeitslosigkeit, Punks skandieren „Jobs, not Jails!“ und die NF macht sich breit. Ein paar kurzhaarige Jugendliche finden sich zu einer Band zusammen, nennen sich die „Coventry Automatics“: Man covert jamaikanischen Ska & Reggae und würzt diesen mit einer ganz besonderen Note aus etwas „Wave“ und einem Hauch von Punkrock. Aus den „Coventry Automatics“ werden die „Specials“, der Frontmann gründet das 2tone Plattenlabel. Unter 2tone werden dann bald auch andere Bands berühmt. Madness, Selecter, The Beat und die Bodysnatchers um nur die Bekanntesten zu nennen.
Das legendäre erste Specials- Album entsteht, große Charterfolge usw., usw….
Joe Stummer (der „Erfinder“ von 2tone) entfernt sich von der Band, verwirklicht sich in „Special A.K.A“ und andere Bandmitglieder bilden „Fun Boy Three“ oder, gehen in anderen Bands auf oder gleich nach Hause.


Mehrere „Specials“ Reunions, aber nie komplett und nie so wirklich gut bis sich 2008 Terry Hall (Gesang), Lynval Golding (Gitarre) und der unglaubliche Bassist Horace Panter (Was für ein Name, wenn man in der „Jaguar“- Stadt lebt) zusammenschließen und mit anderen „neuen“ Musikern die Specials tatsächlich vollwertig wiederbeleben. TB

DerDUDE Goes SKA präsentiert: Betrayers of Babylon & Rhine River Rudies - 24.8.2019 im Sternhagel (Köln)

DerDUDE Goes SKA präsentiert erneut ein kleines und feines Fest der guten, groovigen Offbeatmusik. Einer der besten Shows des Jahres fand am 24. August 2019 im Rotlicht getauchten Kölner Sternhagel statt: Die Betrayers of Babylon & Rhine River Rudies gaben sich die Ehre und enterten mit insgesamt 14 Musikern die kleine, schicke Bühne der schummrigen Bar im Zentrum der Stadt. Zahlreiche, tapfere und treue Ska-Fans lassen sich auch nicht von fast 30 Grad Außentemperatur abhalten, sich im kultigen Sternhagel einzufinden, um schweißtreibend den Lokalhelden zu huldigen und die krass guten und sympathischen Musiker aus Neuss abzufeiern. Die stetig rotierenden Ventilatoren ließen es auch zu, das lockere Tanzbein zu schwingen und Song by Song in den Offbeatrausch taumeln zu lassen. Vielen lieben Dank an die tollen Musiker*innen beider Bands, die eine Melange aus eingängigen, tanzbaren und hörenswerten Reggae- und Ska-Songs boten. Der kurzfristige Ausfall des Drummers Franz der Rhine River Rudies (gute Besserung von ganzem Herzen!) wurde durch den sehr flexiblen Schlagzeuger der Kapelle #3 Zabbo spontan kompensiert. Sehr, sehr geile Aktion!

 

Auch wenn es etwas abgedroschen klingt: Ska ist definitiv eine Livemusik, die stetig viel Begeisterung und Freude in die Gesichter zaubert!

Einen speziellen Dank auch wieder einmal an das professionelle, wachsende Sternhagel-Team: Für nächtlichen Sonnenschein an der Theke sorgte die quirlige Rebecca. Willkommen im Team! Ebenfalls neu im Team: Rene "Special Agent" in allen Belangen (insbesondere Technik), der mit den Worten "Ich bin autorisierter Mitarbeiter, ich trete nun ein." die Damentoilette aufsuchte, um nach dem Rechten zu sehen. Sehr zur Belustigung und Begeisterung der anwesenden Damen, die ihn gleich ins Herz schlossen. Es wurde gemunkelt, dass Komponisten daraus bereits einen Song kreiert haben. Wir sind gespannt! Für klingende, erhellende Momente sorgte der gute Tobias, während Henning (eigentlich Teammitglied im Bereich Design und Mediengestaltung) die Goldtaler akribisch verwaltete, die alsbald den Weg zu den Musiker*innen fanden. Für die Ewigkeit eingefangen, bannte Peter die dynamische Szenerie auf Fotopapier. Vielen, lieben Dank an die tollen Gäste, die wieder sehr friedlich und euphorisch zum Gelingen des Abends beigetragen haben. Ohne Euch geht gar nichts, Danke! Bis zum nächsten Male, in Deinem Sternhagel!

 

DerDUDE

 

Zu den Fotos von Peter

DerDUDE Goes SKA präsentiert: Go Monkeys & Rhine River Rudies - 23.3.2019 im Sternhagel (Köln)

Ein rappelvoller Samstagabend der schillernden Skafiguren  und scheppernden Bleche gab es im punkrockigen Sternhagel in Köln.

 

Im normalerweise mit bunten Lichterspielen und schummrigen Rotlicht getauchte Sternhagel blitzten plötzlich seltsame, einfache Farben auf. Black and white. Schwarzweiße Plakate und Karomuster auf langen Fahnenbannern zierten die Wände. Auch der ein oder Gast trug karierte Hosenträger oder T-Shirts mit zwar-weißen Figuren und Mustern. Nach den Gelbwesten nun die schwarz-weiß karierte Revolution? Nee, Sternhagel kann eben auch Ska! Zwar ist es nicht das erste Mal, dass die kleine, kultige  Punkbar im Zentrum der Domstadt mit Ska in Berührung gekommen ist, jedoch liegt der musikalische Schwerpunkt in der Regel doch bei Punk, Rock und hardcoreähnlichen Musikinterpretationen.

 

Eingeladen hatte „DerDUDE Goes SKA“ zu ausgelassenem Huldigen und Abfeiern einer der schönsten Tanzmusiken der Welt. Ska. In diesem Falle in erster Linie 2-Tone Ska, der Ende der 70er, Anfang  der 80er Jahre seinen Ursprung und zugleich Höhepunkt hatte. Ska geht eigentlich immer und so biete es sich auch an, frech und fröhlich den ein oder anderen internationalen Hit respektvoll zu covern und in einem neuen, faszinierenden Offbeat-Gewand erscheinen zu lassen. „Enjoy yourself“ stammt eigentlich von Guy Lombardo (1949), wird aber eben auch von den The Specials 1980 gecovert, bis heute gespielt und nun von den Go Monkeys weiter in die Musikwelt getragen. Auch skaferne Interpretationen, wie Material Girl von Madonna, finden sich im Fundus der Band und werden charmant und spritzig vorgetragen. Die Go Monkeys, angereist aus dem Ruhrpott, halten aber auch immer wieder die musikalischen Fahnen der „alten“ Helden hoch und spielen Songs wie zum Beispiel „Hey Little Rich Girl“ von den besagten The Specials. Das Motto lautet: Alles was Spaß macht geht, während der Ska immer im Herzen getragen wird. Das „Go“ im Namen ist auch Programm. Und das geht rasend schnell: Ab von der heißen, engen Bühne, rein in die schweißtreibende Bude, schwungvoll in die warmen Herzen und gleich in das skankende Tanzbein - peng.  

 

Als wenn die Bühne nicht schon reichlich eng genug für die fünf Monkeys gewesen wären, folgten nun die achtköpfigen, Kölner Rhine River Rudies. Der kuschelige Sternhagel platzte mittlerweile mit über 110 Besuchern aus allen Nähten, als die lokalen Rudies ihr musikalisches Skafeuerwerk abfackelten und an die grandiose Stimmung der Go Monkeys anknüpften. Da gab es keine Zeit für eine Tanzpause.  Für eingefleischte Ska-Fans kein Thema. Es wird einfach gewippt, gegroovte, getanzt, mitgesungen, wohl auch manchmal mit gegrölt, wenn auch hier die zahlreichen bekannten Songs gecovert und die Erinnerungen an vergangene Zeiten und Konzerte wach werden. Nicht wenige haben Bauklötze gestaunt, wie groß der qualitative Unterschied zwischen Youtube-Video und dem fetzigen, professionellen Liveauftritt war. Fazit: Einer der meist unterschätzten Kölner Skabands und wie angekündigt, ein echter Geheimtipp!

 

Die beiden Bands passten nicht nur von der Offbeatmusik her, sondern auch von den MusikerInnen wie die Faust auf‘s Auge. Sie haben sich in kurzer Zeit lieben gelernt und auch schon weitere Auftritte vereinbart. Zum Konzertende hin standen auch Teile der beiden Bands gemeinsam auf der Bühne und haben sich harmonisch ergänzt und performt. So soll es sein!

 

Vielen, vielen Dank an den "alten", charmanten und treuen DJ Skankman, der die Pausen mit feinen Ska-Beats ergänzte und wie immer eine  skamusikalisch Bereicherung war.

 

Einen riesen großen Dank gilt vor allem den BesucherInnen, die bei engen Verhältnissen die Ruhe bewahrt haben und äußerst respektvoll und absolut friedlich miteinander umgegangen sind. Das Sternhagel erweist sich auch vom Thekenpersonal her von seiner professionellen und gelassenen Seite und bewältigte den Ansturm charmant, empathisch und profimäßig.

 

Es war ein absolut grandioser, gelungener Abend, was auch am Feedback und den schweißgetränkten Gesichtern, Hemden und glücklichen Augen sowohl bei den Musikern als auch den Fans abzulesen war. Manager Fernandez, Tonmann Tobias und DerDUDE Goes SKA bestätigten bereits am Abend: Das Experiment, den Sternhagel skatechnisch, musikalisch und personell an die Grenzen zu bringen ist voll aufgegangen. Weitere Konzerttermine wurden auch hier schon besprochen.

 

DerDUDE Goes SKA bedankt sich ganz herzlich bei allen Beteiligten. Ohne euch ging das alles natürlich nicht.

 

Keep on skankin‘! Und bis auf bald! Auf dem nächsten schweißtreibenden Skakonzert!

 

DerDUDE

 

Fotos und Videos: Husky