CD-Reviews 2005

The Slapstickers

The Slapstickers: Live-Doppel CD "a-huii!!" (2005)

 

Wer die Band nicht kennt: Das sind 9 Jungs aus Köln. Ich hab die schon ein paar Mal live gesehen und die Shows gingen extrem ab. Umso cooler, dass sie jetzt 'n Livealbum raushauen!

 

Zum Album: Warum die Scheiben "a-huii!!" heissen, wird spätestens klar, wenn man die Dinger durchhört. Irgendwo schreit immer einer "a-huii", ganz nette Idee die Scheibe so zu nennen. Mein erster Eindruck: Die Jungs haben es voll drauf: Technisch absolut sauber, nah dran an Busters-Live-Qualität. Und trotzdem klingt das Ganze sehr spontan und zufällig - sogar ein Stromausfall ist mit drauf und die Ansagen des Sängers klingen absolut nicht wie vorher auswendig gelernt (so wie bei den Busters immer).

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Der Sound der Jungs ist insgesamt recht rockig, aber eben nicht der typische (langweilige) Skacore oder Skapunk, wo die Gitarre mal ein paar Offs einstreut und hier und da zwei Bläser hupen. Für Liebhaber traditioneller Ska-Sounds wohl nicht das einzig Wahre, aber auf jeden Fall ein fricher und guter Sound - kein Kirmesska! "3rd Wave" oder später, um mal mit Fachvokabular zu glänzen: So Richtung Pietasters/Toasters. Die Songs sind sehr abwechslungsreich - selbst nach Lied Nr 28 (ist ja ein Doppeklalbum) wird einem nicht langweilig. Das liegt daran, dass die Slapstickers zum einen recht viele Schattierungen von Ska draufhaben und zum anderen daran, dass bei einigen Songs Gäste mitspielen: zwei sehr geile jazzige Vibraphjon-Solos, außerdem wird zweimal auf deutsch getoasted - klingt geil.

 

Was mir besonders gut gefällt ist die Sound-Qualität. Habe ein paar Liveplatten hier, und die klingen bei weitem nicht so fett und differenziert (z.B. die Toasters live in london ). Hab von sowas keine Ahnung, aber ich nehme an der Soundmensch wusste, an welchen Knöpfen er drehen musste.

 

Das Cover ist auch gut gemacht. Kann man drüber streiten, muss man aber nicht. Hinten drauf noch der schöne Rücken dieser Traumfrau, und innen drin sehr viele Livefotos. Die Jungs scheinen nicht so sehr "auf Ska" machen zu wollen. Anzüge und Pork Pie Hats Fehlanzeige. Passt auch besser zum Sound - ich finds immer arm wenn Ska-Bands sich auf Teufel komm raus nur schwarz-weiss anziehen, um irgendwie authentisch auszusehen. Lyrics fehlen, muss aber bei 'nem Livalbum auch nicht sein.

 

So wer bis hierhin gelesen hat, dem kann ich noch ein kleines Fazit mit auf den Weg geben: Die beste Ska-Liveplatte, die ich bisher gehört habe. Sicher nicht ganz die Musik, um in guter alter 2-Zone-Manier gepflegt mitzunicken, aber dafür gibt's genug andere geile Bands - das hier ist etwas, was einfach voll auf die zwölf geht.

 

BBMM

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Skaos

Skaos - Pocomania (2005, SKA Revolution Records)

Skaos stand nie wirklich für Geradlinigkeit oder Konvention. Auch dieses Mal nicht. "Breaking The Curfew - live" (2002) war schon derbes Futter für manch einen Ska-People. Nun mit "Pocomania" (diesmal auf dem Busters-Label "SKA Revolution Records") liefern die 7 Jungs aus Krumbach einen "Nachtisch", der nicht weniger schwer zu verköstigen ist, wie ihre vergangenen Scheiben. Alleine der Titel "Pocomania" führt zu tiefschürfenden, literarischen Historiengeschichten und religiöser Grundlagenforschung in die Historie von Jamaika und Afrika. Angelehnt ist das Ganze an jamaikanische Woodoo-Kult-Parties. Das Cover wirkt entsprechend etwas düster.


(Zum Begriff Pocomania siehe Fußnote. Ohne diese versteht man möglicherweise die Kritik nicht ;-)


Wer die jamaikanischen Woodoo-Geister ruft, wird entweder das Entsetzen in seinem Gesicht erleben, wie es eine Woodoo-Puppe nicht besser verkörpern könnte, oder sich darauf ein- und gefangenlassen, von den schaurig schönen Trommel-Göttern, die man rief.
Verzauberung oder Bezauberung genauso wenig ausgeschlossen, wie Angst und Schrecken.

 

So ganz dramatisch-geisterhaft kommt dann der Silberling aus Februar 2005 dann auch wieder nicht rüber. Jahresendliche Feuerwerke oder andere karnevalistische Geistervertreibungsrituale sind nicht von Nöten! Wobei die Metapher eines musikalischen Feuerwerks schon zutrifft.

 

 

Geballte musikalische Vielfalt mit extrem vielen Effekten (Elektrobeats eingeschlossen) schallen hier auf einen ein, ohne den Halt, das Fundament SKA, zu verlieren. Es ist schon recht deftig, laut, intensiv, vor allem die Bläser (Trompete, Saxophon, Posaune).


Frei übersetzt findet der metaphysische Zauber seinen wahren Gegner im SKA, der nicht besiegt werden kann. Denn er ist Metareligion und Lebensphilosophie, die über Allem steht. "Help me, I'm Lost Control" (Song 4, One Day).


Mit "One Day, I'll Gone Be A Star" kehrt etwas das Mystische in den Hintergrund. Die Alltagsflausen eines Musikers scheinen sich in den Texten zu spiegeln. Fette Bläsersätze treffen auf "rockende Gitarren und karibische Percussions".

 

Neben SKA-Elementen wird in Song 5 "Walkin Away" auch dem Reggae gehuldigt. Wen wundert es ;-) Kaputt gemacht wird diese These von brachialen Breaks, die von krachendne Bläsern und Gitarrenriffs erzählen.
Nichts scheint unerlaubt! Die Konfusion wird zum Prinzip, wie die Unkalkulierbarkeit der Geister, die wir oft nicht rufen wollten, geschweige denn ihr Auftreten kontro
Melodisch ist das Ganze allemal und extrem tanzbar. Es ist nicht übertrieben. Die musikalische Symbiose der gewagten und vorsichtigen Vielfältigkeit gelingt, womit SKAOS erneut unter Beweis gestellt haben, neue Fenster der Stilwelt zu öffnen.


Und wer bisher von der Stilvielfalt noch nicht verzweifelt zusammen gebrochen ist, achtet noch auf die multilinguistische Ausprägung z.B. in Lied 7 (Mulata): Spanisch. Südamerikanisch mit Sambaklängen. Der Gesang (Mr. Mad Wolley) ist ebenso markant wie professionell und verleiht auch dieser CD seinen eigenen Charakter.

 

Top-Titel ist sicherlich Song 9 "Cool Dayz Sunshine". Das ist recht derbe gitarrenbetont, aber immer mit lockeren Zwischenstücken gespickt, die den SKA nicht vermissen lassen. Böse Stimmen gehören zur Darstellung! Heavy Metall-Klänge schmeißen einen wieder aus der Bahn (Song 11, "Start The System"). Nichts für seichte Gemühter! Song 12, "Love Death Revenge" - reggaelastig.

 

Gut skankbarer, moderner SKA, der auf den ersten Blick abgedrehter wirkt, als er tatsächlich ist. Eine SKA-Scheibe, die sich mutig an ein Thema wagt, welches nicht aus der Luft gegriffen ist und vielleicht im Zeitalter des brüchigen Glaubens und der neuzeitlichen Verehrungen, nicht ganz den Zeitgeist verlässt. Auch ist es eine religiöse Zeitwanderung in die Geschichte des SKA, bzw. der Orte, wo er entstand.

 

Ich denke, man merkt, warum es lange dauert, sich ein Bild vom Sound zu machen. Es ist einfach zu ungewöhnlich und doch stilistisch. Das Ringen nach Worten wir auch für den Schreiber/Hörer zur Reise in unbekannte, neue Welten. Immer dann, wenn das deskriptive Wort gefunden war, das Gefühl erfasst, fiel der Wolkenkratzer der Worte wieder zusammen und musste neu aufgebaut werden. An die "Breaking The Curfew - live" kommt "Pocomania" allerdings nicht dran.

Die bläsergewaltige, postmoderne Vorstellung droht einen in den Bann der Woodoo-Geister zu ziehen. Wer genau auf diese Herausforderung gespannt ist, ist hier genau richtig! Nur lasst euch nicht von den bösen Geistern fangen! Sie sind überall! Das schwarz-weiss karierte Kreuz schwebt aber drüber, und ihr seid sicher. Es ist der SKA, der euch schützt und euch wieder an die Ursprünge glauben lässt; auf dem Boden hält!

 

DerDUDE (Juni 2005)

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Fußnote:
"*Pukkumina und Zion Die Schreibweise "Pukkumina" für "Pocomania", der gängigen Schreibweise, wurde von Edward Seaga (1956) eingeführt, da sie der Aussprache des Wortes "Pocomania" näher kommt.
Pukkumina bezeichnet die Vielfalt von ländlichen jamaikanischen afro-protestantischen Kirchen. Pukkumina befaßt sich mit den Geistern der Vorfahren, die mittels der Zeremonien ausgesandt und teilweise mit christlichen Symbolen wieder gebannt werden können (Ähnlich wie bei dem Obeah-Kult, der noch heute auf Jamaika weit verbreitet ist). Bei den jamaikanischen Zionisten stehen Jesus und die Heilige Dreifaltigkeit im Mittelpunkt. In den Tänzen wird das Leiden Christi am Kreuz beschworen (vgl. Wynands 1995, S. 21). Bei den Ritualen des Pukkumina werden keine Instrumente benutzt. Bei den Ritualen der Zion-Baptisten werden wie auch im Kumina zwei oder drei Trommeln verwendet, um die Gesänge zu untermalen. Manchmal wurden auch Percussions-Instrumente und Händeklatschen als Elemente eingebracht. Kennzeichnend für beide Rituale ist der Gesang, der sich zu einem Höhepunkt hin entwickelt, auf dem er sich in ein heftiges stoßweises Atmen ("groaning", "sounding") verwandelt, das die Tänzer in Trance fallen läßt. Wie auch in der spirituellen Praxis, vermischt die verwendete Musik afrikanische und europäische Einflüsse Während der melodische Stil vieler Hymnen deutlich europäisch-stämmig war, deutet die Betonung auf der Trommel und die Form des rhythmischen Atmens auf einen afrikanischen Einfluß hin.
"
Quelle: Pressetext Skaos
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Tracklisting:

1. Strange Encounter | 2. Lonely Girl - 02:34 | 3. Deep Underground | 4. One Day - 02:47 | 5. Walkin Away - 02:43 | 6. I call it Crime - 05:33 | 7. Mulata - 03:24 | 8. Pocoman Jam - 04:02 | 9. Cool Dayz Sunshine | 10. Crucial Jabbe says | 11. Start the System | 12. Love Death Revenge | 13. Estrella Fugaz | 14. Five Reasons | 15. Shit System | 16. Jack Ass

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Alaska

Alaska - Claiming Land (2005, 808 Records)

 

Once upon a time in Alaska... setzten sich die neun junge Musiker der Band Alaska zusammen, um ihr nächstes Projekt zu starten. Was entstand? Die erste CD mit dem Namen "Claiming Land"!!


Neben fünf fetzigen Songs findet sich ein Intro sowie ein Outro auf "Claiming Land". Während der Intro zum hören auffordert versteht sich der Outro sozusagen als Schlusswort. ;-) Nun aber zu den richtigen Songs!

Suchst du ein Paradies, einen Platz wo du dich verstecken kannst vor einem unschönen Alltag? Der Song "Paradise" wird dir helfen. Folge den Beats, den Bläsern! Sie werden dich deine Sorgen vergessen lassen! Schon bei den ersten Tönen habe ich Mühe still zu sitzen. Was tue ich also, ich skanke erst mal ,-) Lockere, gemütliche Beats, aufmunternd und einladend gespielt!

 

Im Song "Fly" gehts auch inhaltlich ums Tanzen. So singt Fabian Grütter (Leadvocals), dass sogar in der Hölle geskankt wird. Auch hier tolle Solos der Bläser, gut tanzbare Rhythmen.


"Without You" kommt schon etwas sentimental rüber. Textlich gehts um eine in der Vergangenheit liegende Beziehung. Der deutliche Offbeat läd trotzdem auch in diesem Song zum Skanken ein. Nach der ersten Strophe wird der Hörer mit einem tollen Gitarren Solo zur nächsten Strophe geleitet, in der die Bläser den Offbeat spielen. In diesem Song spielen die Bläser eigentlich immer unisono, sowohl während den Strophen als auch zwischen den Strophen und im Refrain.

 

Eingeleitet von den Bläsern folgt ein weiters Tanzlied. Little boy Bob sitzt im Zug der leer und ohne Fensterglas in Richtung Nirgendwo fährt. Darum gehts in "Ride to nowhere". Danach macht der Sänger erst mal Pause, es folgt ein Instrumental. Mit dem Titel "Watch Your Step" wird der Tänzer gewarnt. Das Piano unterstützt die wechselnden Tempi und leitet durch die verschiedenen Melodien, Solos, Refrains. Ein eher langsames aber gut tanzbares Lied für den Geniesser.

 

Alles in allem ein kurzer aber gelungener Einblick in die Musik von Alaska ! Ein von vorn bis hinten toll tanzbarer Tonträger ! Ein Vorfreudemacher auf ein nächstes Konzert!

 

DerDUDE

 

Trackliste:
1. Intro | 2. Paradise | 3. Fly | 4. Without You | 5. Ride To Nowhere | 6. Watch Your Step | 7. Outro

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Che Sudaka

Che Sudaka - Alerta Bihotza (2005)
"Sudamerican Reggae Punk Party from Bacelona!"

Che Sudaka sind eine SkaPunkReggae-Band aus Barcelona, die mit sechs Bandmitgliedern aus argentinischer, spanischer und kolumbianischer Herkunft ein vielseitiges Instrumentenkarussell bespielt - es seien neben Gitarren, Schlagzeug und Bass auch Akkordeon und Klavier erwähnt und im Hintergrund singen tun neben den beiden Frontsängern mehr oder weniger alle.
Die in Spanisch und bruchstückhaft Englisch formulierten Songtexte drehen sich um unterschiedlichste Formen der sozialen Ungerechtigkeiten auf der Welt.

Nach einem schweißtreibenden Konzert der Spanier im Bremer Lagerhaus hatte ich mir die CD für den fairen Preis von fünf Euro angeschafft und bin des Hörens immer noch nicht müde geworden. Bei allererster Betrachtung fällt auf, dass einige der siebzehn Titel direkt von der 2003 erschienenen Vorgängerscheibe 'Trippie Town' übernommen zu sein scheinen. Aber: Was gleich heißt, muss sich nicht gleich anhören. Die eher ruhigen Stücke des Debütalbums sind diesmal in etwa dreifachem Tempo eingespielt.


Schon beim namensgebenden ersten Titel 'Alerta Bihotza' lässt sich erahnen, wie energetisch und mitreißend sich die Jungens da durch ne knappe Dreiviertelstunde Silberlingdrehzeit spielen werden. Das Stück beginnt eher ruhig mit einer Straßengeräuschkulisse - mit der auch einige andere Titel unterlegt sind - bevor dann mit treibendem Schlagzeug und bratzender Gitarre richtig losgelegt wird. Auch beim nachfolgenden 'Bam*Bam' ist es schwierig, nicht wenigstens ein oder zwei Körperextremitäten in irgendeiner Art und Weise dem Takt folgen zu lassen.
Um Herzanfälle zu vermeiden, sind mit 'Somos Más - Qué Difficil' und 'Too Much' auch immer wieder ruhigere Titel in die Tracklist aufgenommen worden.
Ein besonderes Bonbon: 'Sin Papeles' ("Ohne Papiere") ist eine an Stings 'Englishman in New York' gelehnte Version über den "Inmigrante ilegal en Europe".
Den Abschluss bildet das mit über sieben Minuten zumindest zeitlich gewaltigste Stück - mit 'Per la strada' ist schließlich auch noch eine Art Compilation auf der Scheibe zu finden. Mittig durch einen Kommentar unterbrochen, ist es sicherlich zumindest für den spanischsprechenden Teil der Zuhörerschaft interessant - den Rest verleitet es beim wiederholten CD Durchlauf doch eher zum Weiterspulen.
Alles in allem eine wirklich empfehlenswerte CD, drei von drei Michelin-Sternen für ohralen Genuss vom allerfeinsten.
Legolarsch (Mai 2007)
www.Legolarsch.de

 

Tracklist:
1. Alerta Bihotza | 2. Bam Bam | 3. Solo uno Mismo | 4. La Cacerola | 5. Bihotza | 6. Salta Galera | 7. La Guerra | 8. Somos mas - Que dificil | 9. A Decir | 10. Too Much | 11. Grito Paz | 12. Amores - Trenecillo | 13. Cosmopolitan | 14. Sin Papeles | 15. Taliban | 16. No te voy a adorar | 17. Per la strada

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Skapa Flow

Skapa Flow - Gentlemen Ska (2005, Skapa Flow Music)

 

RADITION TRIFFT MODERNE

Wer auf den jamaikanischen Groove der 60s nicht verzichten möchte, es aber doch lieber etwas schneller und moderner mag, dem sei hier wärmstens die Hamburger Ska Band Skapa Flow empfohlen. Ihr neues Werk Gentlemen Ska bringt 14 feinste Skakracher in die Gehörgänge und mit "What De Hell" ist sogar ein richtiger Rock Steady drauf!

 

Nach ihrem Erstlingswerk Rough Cut belegen die Jungs erneut, weshalb sie beim Hamburger Band Contest den 2. Platz belegten und somit Hamburgs beste Skaband sind!

 

DJ Power Version (April 2005)

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