CD-Reviews 2007

The Toasters

The Toasters - One More Bullet (2007)


Intro
Für den geneigten Schreiber gibt es in der Regel zwei Arten von neuer, guter Musik-CDs. Die Eine zeichnet sich dadurch aus, dass sich ihre Genialität erst nach dem geschmeidigen 10. Hören erschließt. Das sind die Scheiben, die immer wieder über Jahre zu gefallen wissen. Feinheiten, die einem zuvor gar nicht aufgefallen waren, prägen jede "Sitzung" des erneuten Hörens.

 

Die anderen feinen Silberlinge sind die, bei denen gleich beim ersten Sound die Kinnlade herunterfällt, ob des fantastischen Hörgenusses. Diese Scheiben laufen dann im Dauer-Repeat zwei oder 3 Wochen im CD-Spieler "auf und ab". Meistens ist es auch dann gut und sie werden für den nächsten Nighter reserviert.

 

Beide Varianten haben ihren ganz besonderen Reiz. Letztere haben dann immer einen gewissen Chartcharakter der Schnelllebigkeit.

 

- the CD
Und genau um so eine Genialität handelt es sich bei der Scheibe der The Toasters "One More Bullet", die hier Anfang Oktober 2007 erscheinen wird und in Spanien produziert wurde. Was der Ursprungsengländer Rob "Bucket" Hingley, seinerseits Bandgründer und lebenslanger Labelinhaber (Moon Ska/Megalith Records), und seine 6 Mannen komponiert haben, ist wieder einmal nur mit dem Begriff "Spitzenklasse" zu bezeichnen. Unterstützt wurden sie von Mitgliedern der Mephiskapheles (Greg Robinson), Easy Star Allstars (Buford O'Sullivan), Daze of Dawn (Claude Robillard) und den Los Skarnals. Die Perfektion gilt auch für die hervorragende Aufnahmequalität. Man musste auch fast 4 Jahre warten, bis nach "Rare As Toast" (2003) auf Leech Records/Megalith Records Europe das neue, mit Spannung erwartete Projekt veröffentlicht wurde. Laut Bucket wollte man sich nicht unter Druck setzen lassen und ließ die ein oder andere Deadline einfach an sich vorüber gehen. So kommt es, dass manch Song-Idee bereits 2 Jahre alt ist. Das Warten hat sich definitiv gelohnt!

 

Neben zahlreichen Neuerscheinungen, die nicht selten ihren Charakter nicht wirklich besitzen, hält man hier endlich mal wieder ein Schmuckstück in der Hand. Wen wundert es eigentlich (?), so prägen die New Yorker seit 1982 die SKA-Szene und huldigen, mal mehr mal weniger, seit über 25 Jahren den us-amerikanischen 3rd Wave SKA!

 

Melodisch, eingängig und stilmixend wird hier aus dem Vollen geschöpft. World Beat, Soul, Swing, Reggae, Ska und Rock schmieden sich zusammen zu einer Fusion des guten, interpretativen SKA-Musik-Geschmackes. Die Neuerfindung des Toasters-Party-Musik-Stils ist hier zwar nicht zu erwarten, aber das muss man auch nicht! Punk, so der Pressetext, habe ich als Beschreibung absichtlich rausgelassen, denn er ist nicht dabei!

 

Bucketseine unverwechselbare, typische Stimme markant erklingen lässt! Toasters pur! Wie übrigens auch Song 6 "You're Gonna Pay". Bläsersolo obligatorisch!

"Where's The Freedom?" (Song 3/ by Nwagbaraocha) hat etwas (und so soll es sein) von den "Train-Songs" der SKA-Geschichte, die es schier unzählig gibt und diesen eingängigen, treibenden Lokomotiven-Sound (Key, Bläser) besitzen. Klasse!


Ein weiterer Anspieltipp ist definitiv auch "Bits And Pieces"! Traumatisch schmettern hier die Bläser im kurzen Gleichtakt, während sie von den Keys begleitet werden. Spitz klingt das. Kurz und knapp, wie der Song selber. Gecovert ist das Ganze von Dave Clark Five.

Übergeht man das etwas soul- und swinglastigere Stück "When Will I Be Loved" (gecovert von den Everly Brothers), das mir ausnahmsweise etwas zu schnulzig ist, gelangt man über kleine Umwege des Instrumentals "Step Up" zu "El Chopo" - dem gesangsbetonten Toasters Sound. Irgendwie kam mir hier kurz etwas spanisch vor. Und ich hatte recht, denn der gute Bucket lebt seit 3 Jahren dort. Ein Kampf zwischen schrillen Key und spitzen Bläsern beenden das gute Stück. Diese Spitzen, dieses Knappe, ja abgehakte, ist sicherlich ein Markenzeichnen dieser Band.

 

Das Resultat: "East-Side-Beat". Eine Anlehnung an die wohnliche Herkunft (Lower East Side (Manhatten)). Live hatte die Band, zumindest für mich, immer Höhen und Tiefen gehabt. Bei über 4000 Konzerten seie ihnen dies auch nicht wirklich zu verübeln. Was die Presswerke angeht, so ist ein Blindkauf nahezu risikolos. Mit 11 Stücken (+ nicht unbekanntes Outro - die Blues Brothers lassen grüßen) ohnehin jeder Song sein Geld wert, prescht die 7-köpfige Band mit Trombone, Saxophone und Keys wieder voll in die Herzen der 2-Tone-HörerInnen vor, die es auch gerne mal etwas schneller mögen. 2-Tone und 3rd Wave treffen zusammen. Im Gegensatz zu mach anderer gesetzteren Band, bleiben die The Toasters ihrem Stil treu. Die Fans wird es freuen! Tanz- und Partyfreude garantiert!

Der Titel "One More Bullet" findet sich in Song 9 wieder. Wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich hierbei um die letzte Kugel, die im Revolver behalten wird, weil man sich nicht lebend von den morgendlich auftauchenden Bullen fangen lassen will. Der Freitod ist besser als die Gefangenschaft!? Das ist schon eine recht derbe Aussage, so ich sie denn richtig verstanden habe. Gibt viel Interpretationsspielraum.

 

Das braune, dunkelrote und schwarze Cover gibt auch nicht mehr Infos her. Das ist das Einzige, was an der Scheibe zu bemängeln wäre. Es ist etwas lieblos. Kaum Infos. Keine Texte, außer "One More Bullet". Dafür viel, viel Werbung vom Label. Das hätte man schöner lösen können. Dem musikalischen Hörgenuss tut dies allerdings keinen Abbruch. Von meiner Seite eine 1-! Eine nahezu uneingeschränkte Hör- und Kaufempfehlung.
Freut euch drauf!

 

Keep on skankin'
DerDUDE


Tracklist:
01. What A Gwan | 02. Night Train To Moscow | 03. Where's The Freedom? | 04. Life In A Bubble | 05. Run Rudy Run Redux | 06. You're Gonna Pay | 07. Bits And Pieces | 08. When Will I Be Loved | 09. One More Bullet | 10. Step Up | 11. El Chopo

 

Besetzung:
Hingley, Robert "Bucket": Guitar, Vocals | Nwagbaraocha, Jason: Guitar, Vocals | "Jah-Son": Bass, Vocals | Rhodes, Chris: Trombone | Snell, Larry "Ace": Drums | Richey, Jeff: Saxophone | Barry, Dave: Keys, Backing Vocals

 

www.toasters.org
www.myspace.com/thetoasters

Release: 05.10.2007

Labels: Moon Ska (europe), Leech Records (Schweiz)
Vertrieb (Ch): Leech Redda (19,90 SFr + Versand)
www.leechredda.com
Vertrieb (D): Cargo Records, www.cargo-records.de
Und (D): Mad Butcher Records (12,-- Euro + Versand), www.madbutcher.de

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Yellow Umbrella

Yellow Umbrella - Little Planet (2007, rain-records/Pork Pie)

Yellow Umbrella... bisher kannte ich diese Kapelle nur vom Namen, aber jetzt fiel mir deren neuste Scheibe "Little Planet" (erschienen 2007) in die Hände. Und nun kenne ich sie auch vom Hören. Leider fehlt mir deswegen ein Bezugspunkt, aber über die Platte lässt sich dennoch einiges sagen, auch wenn man die Vergangenheit der Band außer Acht lassen muss. Abwechslungsreich ist sie schon mal. Das fällt nach den ersten vier Tracks auf. Starke stilistische und tempomäßige Unterschiede. Es geht von Mid-Tempo Ska in Moll ("Allez Les Jaunes") über melancholischen Reggae ("This World is not fair") hin zum jüdischen Klezmer ("Ma Belle") und endet in einem schön klingenden Rocksteady ("Energie"). Und das nur bei den ersten vier Stücken!


In dieser Arte und Weise geht es auch weiter mit einer guten Abwechslung zwischen langsameren und treibenderen Songs. Auch gesanglich gibt es nicht immer nur das Gleiche zu hören. So gibt Dr. Ring Ding ein Gastspiel und versucht sich bei "Germaican" am Ragga, was ihm auch gelingt. Selbst die bandeigenen Stimmen zeigen sich als sehr wandlungsfähig. Mit "Burn" hat die Band auch eine langsame Akustik-Nummer für Gitarre und Melodica auf die CD gepackt, die zwar nicht ganz so zu den anderen Tracks passt, aber doch auch irgendwie stimmungsvoll klingt.


FAZIT: Alles in Allem bietet "Little Planet" eine sehr gute musikalische Mischung, die für meinen persönlichen Geschmack jedoch ein bisschen zu traditionell ist. Wesentlich schlimmer wäre allerdings, wenn ein Standard nach dem anderen heruntergedroschen werden würde.
Tipp: Einfach mal die CD auf www.yellowumbrella.de probehören, dann kann nichts schief gehen.


Bosso


Trackliste:1. Allez Les Jaunes! | 2. The World Is Not Fair | 3. Ma Belle | 4. Energie | 5. Tempus Fugit | 6. Capitalism | 7. Germaican | 8. New Time Warrior | 9. Burn  | 10. M | 11. Since You've Been Gone | 12. Sex On The Beach | 13. Find My Way | 14. Wanderin' On | 15. Wait | 16. The Lighthouse

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Skanking Night Sampler

"Skanking Night - Volume One"

Release 17.4.2007 (Skanking Night / Silberling Records)


Dieser außergewöhnliche, erste österreichische SKA-Sampler gehört zu denen, wo mehr Herz hinter steckt und er nur dann "verstanden" werden kann, wenn man den Hintergrund kennt!


"Das Ziel der Scheibe ist es, das Feeling der Veranstaltungsreihe zu euch nach Hause zu bringen und vielleicht die eine oder andere Erinnerung an eine Skanking Night zu wecken."
und:


"Wir wollen damit vor allem der noch eher kleinen SKA-Szene Österreichs einen Motivationsschub verpassen."
so der Pressetext der Kooperation aus dem neuen Label "Silberling Records" und dem umtriebigen Wiener Veranstalter und Publizisten Clemens (www.skanking-night.at).


Die Zusammenstellung wirkt, ehrlich gesagt, doch recht zusammengewürfelt. Der Kingstoner Mr. Symarip aka Roy Ellis schlägt da, mit dem ersten Song, voll aus der Reihe, denn es geht weitgehend doch eher um Bands, die noch die großen Bühnen der Welt stürmen möchten. Vielleicht ein Tribut an den jamaikanischen Roots-Ska, um den es ja im Weiteren in seinen Spielarten geht. Ein sehr "rootsiger", traditionsreicher Anfang.


Musikinstrumentalisch gehören die Hamburger K-Mob (Bild) sicherlich zu den Aufsteigern der SKA-Szene in den letzten Jahren.Eine negative Kritik sucht man vergebens. Gleich mit zwei Songs, "Harlem Heat" und "Big Love" sind sie vertreten. Sehr harmonische Klänge und Offbeats, die mir persönlich etwas zu langsam sind. Geschmackssache. Bei letzterem Song darf man sich aber auf die sexy, schöne und professionelle Stimme von Sängerin Naima freuen. Ein sehr schönes Stück!


Etwas gewagt ist es schon, und vielleicht nicht ganz geschickt, gleich 4 Bands einen Doppelauftritt zu bieten (K-Mob, The Riddimstix, Maskapone und The Offbeat Generator). Das sieht etwas nach Ermangelung an anderen österreichischen SKA-Bands aus, was ich nicht richtig glauben kann. Eine Schande ist es natürlich nicht, denn die "Zweitstücke" sind durchaus hörenswert.
Maskapone, mit dem dritten Stück auf der 72 Minuten langen Scheibe, bieten mit ihrem Song "Miracle" einen schönen Ausflug in die 2-Tone-Phase der Ska-Geschichte. Zweistimmig sehr schön kombiniert. Die spanischen The Pepper Pots (Bild) kommen dann mit "My little Girl", was sich etwas swing- und soullastig anhört. Auch hier bestechen die weiblichen, drei Stimmen. Wer sich von den Damen musikalisch inspiriert fühlt, kann sich diese auch am 11. Juni 2007, bei der nächsten Skanking Night in Wien anschauen/-hören gehen.
The Skaliners folgen mit ihrem Stück "Tables Gonna Turn" (Rock, Soul, traditional Ska). Und so langsam überkommt es einem dann doch. Es könnte auch mal etwas flotter gehen. Gedacht - gehört: The Offbeat Generators aus Wien geben mit "Punch Machine" richtig Gas!

 

Keinesfalls Gitarrengeschrammel, sondern schneller 2-Tone-Ska, der mit einem Synthy und kräftigen Bläsern untermalt ist. Nach nur 1:50 Minuten ist der Spuk vorbei und Los Placebos treten auf den Plan. Auch hier kommen die 2-Tone-Fans auf ihre vollen Kosten. "Schlappe" 11 Jungs "bearbeiten" hier die Instrumente und kreieren SKA vom Feinsten!


"I cry" von den The Riddimix und "Stay out late" von Rolando Random & The Young Soul Rebels spiegeln eigentlich ganz gut sie Spannbreite der präsentierten Musik. Von sehr viel langsameren Swing, Soul, Rocksteady und SKA bis etwas schnellerem 2-Tone-Ska wird ein Teil des SKA-Spektrums abgedeckt. Zufall?


Erfrischend wirkt jedenfalls "Fast Way" von den Skabucks (Linz), die es einmal richtig, unter Einsatz von schnellen, schallenden Bläsern und mutigen Gitarrenriffs, krachen lassen. Sehr schön vorgetragen! Eine klassische, schöne Live-Band, die ich mir gerne anschauen würde. Achtung: Pogogefahr!
Mit den The Special Guests feat. Willie Ocean (Bild) ("Beetroot") ist eine weitere deutsche Band am Start. Die Berliner sind hervorragende Musiker, was sie auch wieder mit ihrem Beitrag beweisen. Ich mag die Jungs echt, aber ich habe trotz zahlreicher Versuche, nie einen wirklichen Zugang zu ihrer Musik gefunden. Passiert halt. Umso mehr gönne ich Ihnen ihre tollen Erfolge, die sie mit traditionellerem SKA haben.


Supervision folgen beim 16. "Teil" des Samplers mit ihrem Song "Holiday in Ska Town". Sie spielen eine "abwechselungsreiche Mischung aus SKA und Reggae". Obwohl der Sound ganz witzig klingt, passt etwas nicht. Dummer Weise kann ich nicht erklären was. Da sie aber in der neuen Besetzung erst seit 2006 zusammen spielen, ist da vielleicht mehr Potenzial vorhanden, als ich sehen/hören will.


Ruppiger geht es bei den österreichischen Skaputnik ab. Erneut eine dominante Frauenstimme. Und diesmal eine wirkliche Melange aus SKA, Punk, Jazz und Blues. Einfach erfrischend und schnell! Dies zeigt auch die Offenheit und den Mut des Samplers, Stilmischungen zuzulassen und das freie Spiel der Instrumente und Klänge zu erfassen/zu präsentieren.


Hin- und herbewegt, ziehe ich ein etwas nebulöses Fazit.
Die breite Zusammenstellung wirkt etwas ziellos. Extrem unterschiedliche Bands ziehren den, mit viel Engagement und Mut produzierten Sampler. Auf der anderen Seite ist es ja genau das Ziel, wie in der Ankündigung verlautet wird. Zugleich an die Skanking Night Partys zu erinnern und der österreichischen SKA-Szene eine Plattform sowie einen Ruck zu geben. Da ist es vielleicht einfach nur Zufall, dass die meisten Stücke eher aus der traditionelleren, langsameren, rootsigeren SKA-Ecke kommen. Interessant und auffallend sind auf jeden Fall auch die vielen, an den 2-Tone-Ska angelehnten Stücke. Ein Hinweis auf den Trend in Österreich? Analytisch und ska-musikhistorisch fällt auf, dass immer häufiger auch weibliche Musikantschaft das Mikrofon an sich reisst und den längst überfälligen Paradigmenwechsel vollzieht.


Es ist definitiv eine feine Idee! Die Bands allemal sehr hörenswert. Auch wenn der Sampler es nicht unter die 5 besten CDs im Regal geschafft hat, so will ich ihn auch nicht in meiner Sammlung missen wollen. Dafür stecken da viel zu viele interessante, neue und altbekannte Sounds drin, die Lust auf Mehr machen. Und das ist sicherlich das unausgesprochene Hauptziel. Für 9 Euro (+ Versand) bekommt man 14 Bands (19 Stücke) und ein schönes, informatives 8-seitiges Booklet geliefert. Ein Ohr und Auge sind die 72 Minuten definitiv wert!


DerDUDE

 

Trackliste
14 Bands/19 Songs: Mr. Symarip aka Roy Ellis l The Pepper Pots l The Special Guests feat. Willie Ocean l Los Placebos l The Riddimstix l K-Mob l Maskapone l Rolando Random & The Young Soul Rebels lThe Offbeat Generator l The Skaliners l Skabucks l Skaputnik l Supervision l Insurgents


Bestellungen in Deutschland über DerDUDE: 5,-- Euro + Porto

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