Reviews 2019

Babylove & the van Dangos , “The Golden Cage”, LP 11/2019 Babylove & the van Dangos , “The Golden Cage”, LP 11/2019

CD-Review: Babylove & the van Dangos , “The Golden Cage”, LP/Download, Gateway Music 11/2019 (in Kooperation mit Grover und Pork Pie)

 

Da ist es! Das siebte Album der Ska- und Rocksteady-Recken aus Kopenhagen! Seit 2004 geben die Offbeat-Heros um Sänger und Frontmann Daniel Broman live und im Studio mächtig Vollgas. Ich gestehe, ich bin seit der ersten Stunde Fan der außergewöhnlichen Combo.

 

Babylove zeigen sich auch auf diesem Album wieder äußerst vielseitig, voller musikalischer Qualität, voller Lebensfreude. Stilistisch bleibt das Album wie gewohnt abwechslungsreich: Ska, Boss-Reggae, Reggae, Rocksteady. Soul-, Jazz- und Blues-Elemente sind ebenso vertreten. Der Offbeat-Tradition verpflichtet, aber irgendwie modern.

 

Bromans Songwriting und besonders die teils wirklich philosophischen Songtexte bleiben für mich, nicht nur im Ska, outstanding. Seine Lieder sind kleine Kunstwerke. Nie aufdringlich, nie laut, aber auch nie verstaubt oder nur traditionell. Alle Tracks sind voller Gefühl und Seele, bescheiden, tiefsinnig, teils sozialkritisch, großartig.

 

Diesmal sind die jazzigen Bläserarrangements und -solos besonders gelungen. Ebenfalls erfreulich, man hört wieder Keyboards in fast allen Tracks. Das tut den Arrangements so gut. Meine Hörempfehlungen: „her dress is new“, „never cry again“, „lazy little me“ und „no god above the bottom line“.

 

Für Insider: An die musikalischen Qualitäten von „The Money & The Time“ (2011) oder den Nachfolger „Let It Come, Let It Go“ (2012) kommt das Album fast wieder heran. “The Golden Cage” spricht mich jedenfalls viel mehr an als das letzte Album.

 

Fazit: Sehr hörenswert! Fünf Sterne von mir.

Live ist die Band ohnehin der Oberhammer! Schaut Euch unbedingt die vor dem Release-Termin veröffentlichten selbstgemachten Videos zu den Songs auf youtube an. Alle witzig und sehenswert!

Roger Raw

The Busters, " The Busters" CD 2019 The Busters, " The Busters" CD 2019

The Busters, The Busters, CD, Vinyl-LP, Ska Revolution Records 11/2019

 

Da liegt etwas Dunkles, ja fast Schwarzes, Quadratisches auf meinem vollen Schreibtisch. Aus dem Fenster geschaut, gesellt sich ein langweiliger Mischmasch aus himmlischen Graustufen und backsteinfarbenen Hinterhauswänden hinzu. Diese melancholische Stimmung findet ein jäh rasches Ende, sobald die neue Scheibe der The Busters rotiert, die Mitte November 2019 auf dem hauseigenen Label erscheint.  

 

Keine Zeit für einen nachdenklichen und nebulösen Winterblues werden sich die elfköpfigen The Busters gedacht haben, als sie sich an das neue Studioalbum „The Busters“ herangemacht haben. Schnörkellos wird der Albumtitel einfach nach der Band benannt, was eigentlich oft bei Erstlingswerken der Fall ist. Kann man machen.

 

Es ist bereits das 21. Album, von allen anderen, zusätzlichen Veröffentlichungen mal abgesehen. Dabei fasziniert, dass die Urgesteine Markus, Jesse, Stephan Keller, Stephan Breuer und Hardy immer noch dabei sind und das musikalische Originalblut der legendären „Ruder Than Rude“-CD aus dem Jahre 1988 in ihren pulsierenden Adern tragen. Respekt!

Mit 15 fetten Songs aus den Sparten 2-Tone, Pop-Ska, Rocksteady, Reggae, Dancehall, Rock und Punk pustet die mächtige Combo um die quirligen Sänger Richie und Joe einem gleich mal jeden auch noch so kleinen, bösen Gedanken aus dem Gehirn. Fans, denen das vorherige Album „Straight Ahead“ aus dem Jahre 2017 gefallen hat, werden wieder ihre helle Freude daran haben. Es ist dieser neue, unverwechselbare, dynamische und eingängige Busters-Sound, der in neuester Zeit noch voluminöser, noch intensiver rüberkommt, was sicherlich, neben der Technik, auch an den durchweg professionellen Musikern liegt. Neben einigen Soli schmettert die perfekt eingespielte, dreiköpfige Bläserfraktion prägend und gekonnt durch die Songs des Albums. Auch auf dieser Platte kommen sich die beiden Vokalisten nicht groß in die Quere und singen weitgehend ihre eigenen Songs. Das macht auch Sinn und gibt der vielfältigen Scheibe seinen ganz besonderen Charakter: Schier unendlich abwechslungsreich, spannend und tanzbar. Als historisch-schöne Rückblicke empfinde ich immer wieder die Beträge von Joe, der mit kultiger Stimme die alte 2-Tone-Fahne hochhält und auch etwas an die Anfangszeiten der The Busters erinnert.  

 

Oft vergessen wird, dass die Songschreiber gar nicht immer nur aus der ersten Reihe kommen. Denn neben Joe und Richie (Gesang) sind auch Stephan Breuer (Drums) und Rob (Posaune) mit neun Stücken am Start. Stephan Keller (Keyboards) ist bei der Produktion mächtig involviert. Hier zeigt sich auch das Tourmotto nach Innen „One for All“. Jeder Einzelne trägt seinen Beitrag zum großen Erfolg der The Busters und dieses Silberlings bei. Gelebte, positive Bandkultur.  

 

Das Ganze macht mächtig Bock auf die anstehende Wintertour „One for All“, die am 27.12.2019 beginnt. Denn live steigert sich der Hörgenuss erneut um ein Vielfaches und das Tanzbein kommt unweigerlich auch zu seinem Einsatz. „Party on!“ statt Winterblues. Und siehe da. Ich schaue aus dem Fenster und die wärmende Sonne scheint durch die dünner werdenden Wolken.   

 

DerDUDE

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The Spitit Of Ska - 30 Years Pearl Jubilee Edition The Spitit Of Ska - 30 Years Pearl Jubilee Edition"

The Spitit Of Ska - 30 Years Pearl Jubilee Edition, Pork Pie, CD Sampler 2019

 

Eines vorweg: Dieser Sampler ist der absolute Hammer! So vielseitig, so voller musikalischer Qualität, so voller Lebensfreude, kurz alles, was ich am Ska so liebe. Ein wundervoller und repräsentativer Querschnitt durch die aktuelle Szene.

 

Vertreten sind sehr viele Highlights der deutschen und internationalen Ska-Szene: Babylove and the Van Dangoos, El Bosso und die Ping Pongs, Yellow Cap, Dr. Ring Ding, Skaos, The Frits, Distemper, Bluekiller, The Valkyrians, Yellow Umbrella, Leo and the Lineup, Masons Arms, … Jetzt mal ehrlich: Was will man mehr?

 

Stilistisch geht es demnach quer durch die Rabatten: Boss-Reggae, Funk, Reggae, Rocksteady, Pop, Rock, Ska-Punk, Northern Soul u.s.w. – Aber Ska als Basis bleibt erhalten. Oder mit anderen Worten: Mal ernst, mal unterhaltsam, mal witzig, mal traditionell, mal modern, mal politisch aber immer tanzbar.

 

Besondere Hörempfehlungen: „It`s all England“ (Smily and the underclass), „Rasta Girl“ (Skaos), „Shut Up“ (Johnny Reggae Rub Foundation) und auf jeden Fall „Zeit zu gehen“ (Masons Arms).

Mein All-time-favourite: „Soundbway Dead-O“ in der Interpretation von Dr. Ring Ding, welches die Originalversionen wirklich alt aussehen lässt. Herrlich!

 

Die Auswahl der Bands spiegelt auch die spannende, jüngere Geschichte des ersten deutschen Ska-Labels. Ein definitives „must have“ für jeden Ska-Fan, der etwas auf sich hält. Dieses Ding wird auch weiter mein Lieblings-Ska-Sampler bleiben. 

 

Vielen Dank an das Pork Pie Label aus Berlin, das in den letzten Jahrzehnten so unglaublich viel für die Entwicklung des Ska in Europa getan hat. Hoffentlich macht ihr noch mal 30 Jahre!

Roger Raw

Tommy Tornado & The Clerks - "Back on Track" Tommy Tornado & The Clerks - "Back on Track"

Tommy Tornado and the Clerks - "Back On Track", Soulfire Artists, CD/LP 2019

 

Der Niederländische Saxophonist Tommy Tornado ist seit 20 Jahren hinlänglich bekannt. Seine Vita liest sich wie das „Who is Who“ der Ska-Geschichte: Rude Rich & The Highnotes, Rico Rodiguez, Derrick Morgan, Alton Ellis, The Heptones, Rotterdam Ska Jazz Foundation und The Toasters. Und das nun in Kombination mit den Kölner Urgesteinen The Clerks um Frontmann und Gitarrist Gero Kuntermann verspricht eine interessante und äußerst hochwertige Kombination zu sein.

 

Und tatsächlich ist es sehr außergewöhnlich, was die Jungs da auf die Beine gestellt haben. Eine komplett instrumental eingespielte CD, die in keinem Moment langweilig wird. Die Band groovt wie es sich gehört! Stilistisch ist das Ganze schwer einzuordnen: Dancehall, Roots-Reggae, Dub, Rocksteady, Boss Reggae, Ska und, allein durch die teils soften, teils rhythmisch bissigen Saxophonsolos Tommy Tornados, eine große Portion grooviger Jazz. Unterstützt wird sein Spiel außerdem durch die sparsam, aber effektiv eingesetzten und schnittigen Bläsersätze im Hintergrund. Besondere Hörempfehlung für die Tracks: Bari Bari, The Tube, Rat Race (welches kein Specials Cover ist) und, nicht zu vergessen, der obligatorische Spaghetti-Western: Silver Dollar.

 

Von meiner Seite drei Daumen hoch. Diese CD wird sicher auch auf dem internationalen Markt einige heiße Debatten auslösen und sehr viele positive Kritiken ernten. Auch weil sie – nicht nur im Offbeat-Genre - so außergewöhnlich ist.

Roger Raw

 

Interview 2007

15 Jahre DerDUDE Goes SKA mit The Clerks im Sonic Balloom (2015)

Review: Arthur Kay & The Clerks, The Night I Come Home, 2017

Review: The Sound Of The Clerks, 2014

Jamaram - To the moon and the sun 2019 Jamaram - To the moon and the sun 2019

Jamaram, To the moon and the sun

Turban Records & One World Records, CD 2019

 

Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten touren Jamaram durch die Welt und beweisen mit ihrem aktuellen Album, dass sie noch längst nicht müde geworden sind. Ein bunter Mix aus verschiedenen Musikstilen mit Schwerpunkt Reggae war bislang das Erfolgsgeheimnis der Münchner Jungs. Das alleine reicht aber natürlich noch nicht aus. Die Art und Weise wie Jamaram die verschiedenen Stile kombinieren, das Feingefühl für authentische Sounds und Grooves, das kreative Songwriting und nicht zuletzt die präzise musikalische Umsetzung machen die anhaltende Attraktion der Band erst möglich. Dazu garantiert ein Produktionsteam der Extraklasse (u.a. Umberto Echo und Guido Craveiro) einen mehr als amtlichen Sound. Der Stilmix fällt auf „To the moon and sun“ nicht ganz so groß wie gewohnt aus, Reggae mitsamt seinen Spielarten dominiert hier sehr deutlich das musikalische Geschehen. Alles natürlich mit einer etwas poppigen Note, die aber nie aufdringlich wirkt und den Jamaram-Style zu dem gemacht hat, was er seit zwanzig Jahren ist: Einzigartig! AR

 

Interview 3/2006

Review: Freedom Of Screech 2017

Review: Almost Hits, Soulfire 2014

Review: La Famille, Soulfire 2012

Napoleon Solo, "Open Channel D" 11/2018 Napoleon Solo, "Open Channel D" 11/2018

Napoleon Solo, Open Channel D, CD, Pork Pie 11/2018

 

Ein Beweis dafür, dass Ska und insbesondere der 2-Tone-Ska nicht tot zu bekommen ist, sind die neun reiferen Herren aus dem hohen Norden Europas. Die dänische Formation Napoleon Solo wurde 1984 gegründet und zählt somit zu den Urgesteinen des etwas späteren 2-Tone-Ska. Dass das Gründungsjahr vom Label Pork Pie mit ihrem Debutalbum „Shot“ (1989) zusammenfällt ist ein musikhistorisches Faszinosum. Was liegt näher, fast genau 20 Jahre später auf dem gleichen Label die neue Scheibe „Open Channel D“ zu veröffentlichen. Man sieht sich halt immer zwei Mal im Leben.

 

Wer ausschließlich Sounds á la Madness oder The Specials erwartet, fährt auf dem falschen Dampfer. Von britischem 2-Tone-Ska geht es über jamaikanischen Ska bis hin zu R&B, Reggae und sixties Soul. Wer genau hinhört findet in den 15 Stücken schnell Anlehnungen an spätere und frühere Interpretationen. Und das ist spannend. Während einem bei Song eins die Blues Brothers unweigerlich vor den Augen erscheinen, muss ich bei Track fünf definitiv an den Song der The Toasters denken „I’m running right through the world“ (1997), die das ganz natürlich im Uptempostile spielen. Madness treibt sich beim sechsten Song im Erinnerungsgehörgang. Rockabilly schleicht sich dann bei Track vier ein. Ein richtiger Ohrwurm ist sicher der Song „Viva Copenhagen“, eine Hommage an der Fußballclub Kobenhavn.

 

Die Hammondorgel im Dauereinsatz besitzt das ganze Album eine mitreißende Vielfalt, die immer wieder ihren Ursprung in den 60ern verorten lässt und sehr eingängig und authentisch daherkommt. Dass sie immer noch in der ursprünglichen Besetzung spielen, muss ihnen auch erst mal jemand nachmachen. Spannendes Teil mit Zeitreise- und Spionagefaktor! DerDUDE

 

Der Bandname stammt aus dem Film "The Man from U.N.C.L.", aber lest selber: Zum Film.

BNB: "Du Sollst Frei Sein" 2019 BNB: "Du Sollst Frei Sein" 2019

Bad Nenndorf Boys, Du Sollst Frei Sein, Sunny Bastard, CD 2/2019

 

Bad Nenndorf liegt bei Hannover und weist etwas über 10.000 EinwohnerInnen auf. Soweit zur schnöden Erdkunde. So ganz verschlafen kann es dort nicht sein, denn die gleichnamige Band mit einem „Boys“ dran heizt den Ska-Punk-Fans bereits seit 17 Jahren mächtig ein.

 

Mit der fünften Scheibe „Du Sollst Frei Sein“ kommen die sechs Musiker um die Ecke und präsentieren einen flotten Mix aus Ska, Punk und Punkrock. Das Ganze kommt schon recht melodisch daher und beinhaltet auch manch unerwarteten Ausflug in gar nicht so harte musikalischen Gefilde. Beschwingt geht es z.B. in Song sechs, „Gutes Gefühl“, mit gleichmäßigem Offbeat und verschiedenen Soli durch den Track. Ruhiger wird es auch in Song 11, wo unplugged die Singer- und Songwriter-Qualitäten zum Besten gegeben werden. Ich gewinne schon den Eindruck, dass ihnen das reine Ska-Punk-Geschrammel alleine längst nicht mehr reicht, um sich adäquat auszudrücken. Die 11 Stücke mit rein deutschen Texten gefallen dann schon wegen ihren kleinen Überraschungen. Einen leicht irischen Einschlag gibt es in Song vier, wo auch mal eine fetzige Geige dazwischen prescht. Diesen Einfluss hätten die Jungs in diesem Track eventuell etwas konsequenter durchziehen können. Oder beim Song „Taxi“, der mich etwas zwischen Polka und Westernstile hin und her bewegen lässt.

 

Insgesamt überwiegt allerdings der lautere und schnellere Ska-Punk. Und warum auch nicht. Die Scheibe ist ehrlich, bleibt sich treu und versucht nicht den großen Stilmix oder kolumbusartige Reisen zu vermeintlich neuen Musikinseln zu finden. Für Fans des traditionellen Ska is' das nix. Für Ska-Punk-Fans ein Muss. Ein schönes Aushängeschild für Bad Nenndorf ist es allemal.

DerDUDE   

 

Review: Noch 'ne Runde (2015)

Interview aus 2007 :-)

100 Kilo Herz, Weit weg von Zuhause, Record Jet / Soul Food CD/LP 2018

 

Leipzig kann nicht nur Fußball, sondern auch Ska-Punk. Krachend, laut, politisch und echt klingt der Sound der sieben Musiker, die sich 2014 formierten. Das ist immer wieder erfrischend, auch wenn es sich nicht um eine musikalische Neuerfindung handelt. Dafür ist es ehrlich und mit Herz, sodass der Bandname hier wirklich Konzept ist. „3,5 Punker, 1,5 Jazzer und 0,5 Indie“ steckt in dieser Band, so der Pressetext. Die 3,5 Punks überwiegen dann doch sehr deutlich.

 

Das Debutalbum „Weit weg von zu Hause“, welches bereits Ende 2018 erschienen ist, teilt sich inhaltlich in Großstadt und Kleinstadtsongs, die jeweils ihre eigenen Geschichten erzählen. So ganz alleine, zwischen Ska und Punkrock, wie sie sich musikalisch verorten, sind die Leipziger allerdings natürlich nicht. Ska-P, Sondaschule, Reel Big Fish, Talco und viele andere sind ebenfalls in der, meines Erachtens, unproblematischen Situation, sich zwischen zwei Stilen zu bewegen. Und längst gibt es ja auch schon ein recht unspektakuläres Wort dafür: Skapunk oder Skacore.

 

Neben fetten Bläsern gibt es grölenden Gesang, Pogo, Polka und Punk (Song sechs). Die elf Songs mit deutschen Texten sind ein sehr gutes Aushängeschild für eine Bands, von der wir sicherlich nicht den letzten Ton gehört haben. DerDUDE   

Masons Arms, Von Vorn, Pork Pie CD/LP 2019 Masons Arms, Von Vorn, Pork Pie CD/LP 2019

Masons Arms

Von Vorn", Pork Pie, CD/LP 2019

 

TrainSkaMusik verweist auf den Zeitpunkt, wo die Idee für dieses Review entstand. Und es ist ein perfekter Platz, um sich, mit Blick aus dem Zugfenster, der neuen Scheibe der Kölner Masons Arms zu widmen, die im Januar 2019 erscheint. Der Blick aus dem rasenden Zug führt über schier endlose Horizonte, weite Felder und kleine Wälder, die einem zu grundsätzlichen Gedanken führen. Dann wieder durch enge Häuserschluchten, wo es möglich zu sein scheint, in die Fenster der Wohnungen zu schauen – vielleicht sogar etwas in die Köpfe deren Bewohner.

 

Der große, quirlige Mann mit dichtem, schwarzem Bart und bösem Blick führt uns mit deutschen Texten in genau dieses Szenario. Er blickt in die Ferne, aber auch in die Köpfe der Menschen. Gibt Lebenshilfen „Von Vorn“, beschreibt haltbare und unhaltbare Zustände, was zum Teil durchaus philosophische Züge besitzt, aber auch klare Ansagen in Richtung Rechts: „Zeit zu gehen“ oder „Buntes Land“.

Masons Arms, Von Vorn, Pork Pie CD/LP 2019 Masons Arms, Von Vorn, Pork Pie CD/LP 2019

Aber vielleicht von vorn‘: Die fünfköpfige Band um Sänger „Bart“-Hanno ist bei weitem keine Neuerscheinung, denn sie existieren bereits seit 1996 und haben eine längere Entwicklung vollzogen. Heute spielen sie deftigen „Punky Boss Reggae“. Heißt vor allem sehr eingängiger Early Reggae mit Elementen aus dem traditional Ska. Neben dem eindringlichen, teils rauen Gesang prägt in erster Linie die Hammondorgel die musikalische Szenerie, die im unaufhaltsamen Dauereinsatz ist. Schon die beiden Videos zu den Songs „Von Vorn“ und „Wunderbar“ haben die musikalische Richtung vorgegeben. Textlich, (video-)grafisch und musikalisch eine perfekte Produktion, die genau das erreicht, was sie erreichen soll: Nämlich Lust auf mehr! Und das bekommt man mit der neuen Scheibe. Endlich mal wieder eine Band und ein Silberling, der sich seinem Musikstil durchgehend treu bleibt! Das tut gut, richtig gut! Der geneigte Musikfan hat viel Zeit, sich in den prägenden, faszinierenden Stil hineinzuhören, sich ihm völlig zu ergeben und schließlich sich in ihn hoffnungslos zu verlieben.

 

Insgesamt bewegt sich der Boss Sound-Stil zwischen einem eleganten Instrumental (Song sechs „Früher war alles besser“) und deftigerer Wortkunst wie „Halt die Fresse“ in Song zehn, die auch schon mal therapeutische Einschläge zeigt. Genau dieses Stück besitzt wieder diesen Ska-Train-Sound, den Sound, bei dem dieses Review entstand. CD kaufen und ab in den Zug! Ab in die süß-saure, mitreißende Zeitreise des Boss Reggae Sounds der Masons Arms!

DerDUDE

 

Und nein, so böse wie Hanno schaut, ist er gar nicht.